Zum Netzwerk Recherche sind viele junge Menschen gekommen. Sie alle haben eine Idee, wie der Journalismus besser zu machen wäre. Unabhängig von den Konzernen, von ihrer Profitgier und ihrer Themenagenda, die von Klickzahlen, Agentur- und PR-Meldungen bestimmt wird. Ihre Projekte heißen "Hostwriter", "Perspective Daily", "Deine Korrespondentin", "Einfach Heidelberg" und natürlich "correctiv", das Recherchezentrum in Essen, mit dem auch Kontext kooperiert. Vom Kapital der Großen können sie nur träumen, ihnen würden schon die Peanuts reichen, vorwärts mit dem Motto: Not a dime in the pocket, but a dream in my head.
Niemand kann an diesem Tag sagen, wer es schaffen wird, und niemand behauptet, dass der gemeinnützige Journalismus die Lösung der Misere sei. Aber alle, sei's der Medienprofessor Volker Lilienthal, der Vorstand der Schöpflin Stiftung, Tim Göbel, der Hamburger Staatsrat Carsten Brosda oder Stephanie Reuter von der Augstein Stiftung, erkennen die Notwendigkeit, das zarte Pflänzchen zu pflegen. Mit im Boot auch die GLS Treuhand, die Stiftung der Gemeinschaftsbank.
Hier ist tatsächlich die Einsicht gewachsen, dass es zwischen dem privatwirtschaftlichen und öffentlich-rechtlichen System noch etwas Drittes geben muss. Sie haben bemerkt, dass Medien als Ware die gesellschaftliche Realität nur noch unzureichend abbilden, der Verdruss des Publikums, die Abkehr vom herrschenden Mediengewerbe, immer stärker wird. Und diese Stiftungen ahnen, wie gefährlich das für eine demokratische Gesellschaft ist. Warum den Journalismus also nicht, im echten Wortsinn, gemeinnützig organisieren und finanzieren?
Einfach ist das nicht. Von der Politik, die dafür die Rahmenbedingungen schaffen müsste, kommt keine nennenswerte Unterstützung. Sie vertraut auf das alte System, mit dem sie gut gefahren ist, und glaubt, weiterhin gut zu fahren. Nebenbei: Da warten wir doch gespannt auf den Runden Tisch, den Kretschmanns Sprecher Rudi Hoogvliet einrichten will, zur "Stärkung der Medienvielfalt" im Land. Ihn treibt die Sorge um, sagt er, dass der Abschied von den Altmedien eine "Vorstufe zur Verabschiedung aus dem Gemeinwesen" sein könnte.
Wenn die Erkenntnis Folgen haben sollte, umso besser. Am besten wäre freilich, wenn Leuten wie Hoogvliet Druck gemacht würde. Von eben jener Gesellschaft, die sich nichts vorgaukeln lässt, sondern diese "Vielfalt" einfordert – und bereit ist, dafür Geld auszugeben. Im Sinne des Gemeinnutzes.
In den USA ist der gemeinnützige Journalismus wesentlich älter und besser finanziert. Als erfolgreichstes Modell gilt "Mother Jones", ein linksliberales Online-Portal, das auch gedruckt erscheint, und seit 40 Jahren besteht. Die Ko-Chefredakteurin Monika Bäuerlein war bei der Tagung in Berlin und hat dort dem WDR ein Interview gegeben, <link http: www1.wdr.de mediathek audio wdr5 wdr5-toene-texte-bilder-interviews audio-gemeinnuetziger-journalismus-100.html external-link-new-window>das Sie hier anhören können.
Eine Dokumentation zum Non-Profit-Journalismus <link https: netzwerkrecherche.org nonprofit wp-content uploads sites report-gemeinnuetziger-journalismus-weltweit.pdf external-link-new-window>findet sich hier.
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Max Torf
am 19.05.2017