Stefan Kaufmann hätte gerne gesprochen im Laufe der 38 historischen Minuten, die sich das Parlament für die Ehe-Debatte genehmigte. Der Stuttgarter Abgeordnete, der im Mai 2015 mit dem Segen der altkatholischen Kirche seinen Mann geheiratet hat, machte aus der Not eine Tugend und stellte eine alte Rede online: Im Juni 2015 kämpfte er wieder einmal für eine "Verletzungen vermeidende sachliche Debatte". Er führte ein ganz einfaches Argument für die Gleichstellung ins Feld: Wer sich auf Formularen oder bei Behörden wahrheitsgemäß als verpartnert bezeichnet, der macht sofort klar, wie er lebt. Und er schrieb seinen Parteifreunden ins Stammbuch, dass in Deutschland mit etwa fünf Prozent der Menschen zwar "nur eine Minderheit gleichgeschlechtlich liebt". Aber diese vier Millionen Menschen "haben Eltern, Geschwister, Verwandte Kollegen und Freunde, die mit ihnen fühlen und solidarisch sind".
Als Kaufmann am Freitagabend aufs jährliche Straßenfest im Stuttgarter Heusteigviertel geht, sprechen ihn Wildfremde an und gratulieren. Im Netz gibt es von vielen Seiten viel Applaus. Gökay Sofuoğlu, der Bundes- und Landesvorsitzende der Türkischen Gemeinde, freut sich über den "tollen Tag für die Demokratie und Menschenrechte". Armin Serwani, Stuttgarts FDP-Kreisvorsitzender, postete: "Endlich!" Conny Mayer-Bonde, die frühere Freiburger CDU-Bundestagsabgeordnete, bedankt sich beim "lieben Stefan".
Die CDU ist im Gestern verhaftet
Die zustimmende Haltung der 45-jährigen Professorin für Tourismusmarketing hätte der Landesgruppe der baden-württembergischen CDU-Bundestagsabgeordneten gut angestanden. Hätte! Denn nur drei von 42 Mitgliedern mochten Kaufmanns Linie folgen: Der Südbadener Andreas Jung, als einziger Bezirksvorsitzender, der frühere Generalstabsoffizier Roderich Kiesewetter aus Aalen und der 32-Jährige Baden-Badener Kai Whittaker mit dem Wahlspruch: "Es ist Zeit, Verantwortung für ein starkes Morgen zu übernehmen."
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