Bekanntlich hat die Wählerschaft SPD und Grüne 2013 abgewatscht für ähnlich moderate Kurskorrekturen. Und die Linke brachte es jüngst mit ihrem Programm "Baden-Württemberg plus sozial" auf 2,6 Prozent oder 156 000 Stimmen – von mehr als 5,4 Millionen Wahlberechtigten. Dabei hatte sie einen Weg eröffnet, der auf einen Schlag 80(!) Milliarden Euro in die Kassen der zuständigen Länder spülen würde: "Wenn das Vermögen eine Million Euro übersteigt, soll es mit fünf Prozent besteuert werden [...] Damit wären in Baden-Württemberg zusätzliche Einnahmen von mehr als zehn Milliarden Euro möglich."
Verfassungswidrig!, tönten daraufhin Spachrohre der Millionäre. Im Bundestagswahlkampf 2017 werden sie es wieder tun. Stimmt aber nicht. Denn im Urteil des Bundesverfassungsgerichts aus dem Jahr 1995, das keine Abschaffung, sondern den Umbau verlangt, ist ausdrücklich die Möglichkeit einer Vermögenssteuer als Instrument zur Umverteilung als zulässig erachtet worden, vorausgesetzt, der Spitzensteuersatz wird gesenkt. Den hatte Rot-Grün bekanntlich um elf Prozentpunkte von 53 auf 42 abgeschmolzen.
Reiche höher zu besteuern bleibt dennoch in den Augen viel zu vieler des Teufels. Und schon werden erste Forderungen laut, doch mit der Erbschaftssteuer genauso zu verfahren. Die Wirtschaftsjunioren, ein Verband, der sich mit rund 10 000 Mitgliedern aus allen Bereichen der Wirtschaft als größter deutscher Verband von Unternehmern und Führungskräften unter 40 Jahren präsentiert, verlangt seit Jahrzehnten dasselbe: die "komplette Abschaffung der Erbschaftssteuer". Das sichere die "Überlebensfähigkeit der Unternehmen und Tausende Arbeitsplätze".
Die "Stiftung Familienunternehmen", der sich klingende baden-württembergische Unternehmerdynastien wie Stihl, Leibinger oder Merck verbunden fühlen, macht ebenfalls Stimmung, nicht zuletzt gegen die Pläne aus dem Hause Schäuble, während Nils Schmid mit seinen Erben schonenderen Ideen deutlich besser ankam. Genutzt hat das nichts, seine SPD wurde dennoch abgewählt. Der Verband "Die Familienunternehmer" (O-Ton Sigmar Gabriel: "Das sind keine engstirnigen Lobbyisten") fährt bereits im Wahlkampfmodus. Den Grünen gehe "es nicht um die Ärmsten der Armen", weiß Lutz Goebel, der Präsident des Verbands, und nimmt Jürgen Trittin ins Visier.
Steigende Gewinne bedeuten nicht mehr Arbeitsplätze
Der Göttinger Bundestagsabgeordnete hatte Anfang Juli in einem differenzierten Beitrag für die FAZ unter Berufung auf einschlägige Statistiken hervorgehoben, dass, wer viel verdient, eben nicht zwangsläufig viel investiert und Arbeitsplätze schafft. Im Jahr 1991 reinvestierten die Unternehmen danach noch mehr als vierzig Prozent ihrer Gewinne, "im Jahr 2000 immerhin noch rund 25, seit 2001 liegt diese Quote unter zehn Prozent". Die Behauptung, dass steigende Gewinne zu steigenden Investitionen führen, "ist also ein Märchen der Propagandaabteilungen der Wirtschaftslobby", schreibt Trittin. Goebel kontert, es gehe dem Politiker um "noch mehr Steuereinnahmen für den Staat, um noch mehr Geld, das dann in grünen Projekten wie zum Beispiel dem EEG versickert". Die Forderungen nach einer Verschärfung der Erbschaftssteuer und einer Wiedereinführung der Vermögenssteuer "gefährden die Substanz der Familienunternehmen mit weitreichenden Konsequenzen für viele Arbeitsplätze und den Wohlstand und damit auch den Zusammenhalt der Gesellschaft".
10 Kommentare verfügbar
CharlotteRath
am 18.07.2016„Europas Grossbanken bereiten den Finanzmärkten Sorgen. Wieder einmal. .. Kein Geringerer als David Folkerts-Landau, Chefökonom der Deutschen Bank, forderte vor wenigen Tagen, dass…