Sie sind alle unter 28, beschreiben sich als offensiv und meinungsstark. Gerade in jenem Land, in dem die Grünen den Regierungschef stellen, der fast heldenhaft verehrt wird. Sie verlangen – nicht obwohl, sondern gerade weil der Begriff Steuererhöhung getilgt ist aus dem Wortschatz der Promis an der Spitze – eine "faire Umverteilungspolitik", warnen vor einem "Kuschelkurs mit der Union", und vor einer Politik "orientiert an bestehenden Mehrheiten". Da passt es wie die Faust aufs Auge, dass der Ministerpräsident seinen Parteifreunden in Berlin gerade anempfohlen hat, sich nicht länger als Avantgarde zu verstehen, "sondern Orientierungspartei für gesellschaftliche Mehrheiten zu sein".
Mit Orientierung kennt sich der Nachwuchs aus. Claudia Roth hat die Grüne Jugend einmal als "wichtige politische Pfadfinder" bezeichnet. In Baden-Württemberg müssen sie aktuell nach der größtmöglichen Schnittmenge zwischen Anspruch und Wirklichkeit streben. "Wir haben in den vergangenen fünf Jahren bewiesen", meint Lena Schwelling, "dass wir auch in besonderen Situation kritisch bleiben." Das Engagement der keine tausend Mitglieder zählenden Organisation ist geprägt vom Nein zu TTIP und CETA, zu Waffenexperten aus Baden-Württemberg oder den immer neuen Verschärfungen im Asylrecht. Als Winfried Kretschmann im Herbst 2014 der ersten Erweiterung des Katalogs sicherer Herkunftsländer zustimmt, stellen ihn einige Abgesandte der Grünen Jugend vor dem Stuttgarter Abgeordnetenhaus. Der Grüne wird gleich so laut ("Wir leben doch nicht im luftleeren Raum"), dass ihn der Wortführer vor Schreck sogleich und entgegen allen Gepflogenheiten siezt. Schon damals fällt der Satz, der nach der 15. wohl noch stärker die 16. Legislaturperiode bestimmen wird: "Ich bin Regierungschef und kein Ideologe."
Geschlossenheit nicht um jeden Preis
Seit dem Auftakt der grün-schwarzen Koalitionsverhandlungen sitzen Schwelling und ihre Kovorsitzende Leonie Wolf in der 18-köpfigen Kommission der Grünen. Die tritt immer dann zusammen, wenn es ans Eingemachte geht. Die beiden haben keine Hemmungen, ihr Erstaunen über den Auftritt des einen oder anderen CDU-Politikers hinter verschlossenen Türen zu Protokoll zu geben. Sie wissen, dass jetzt grüne Geschlossenheit angesagt ist, aber keinesfalls um jeden Preis. Guido Wolf verlangt für die CDU, dass allen Gemeinschaftsschulen im Land die Chance zur Fortführung in einer gymnasialen Oberstufe erhalten bleiben muss. Die war zwar ein Herzstück der Bildungsreform, droht jetzt aber bereits im Geben und Nehmen, zwischen Prüfaufträgen und Stufenplänen unterzugehen.
4 Kommentare verfügbar
Maude Counihan
am 19.04.2016was hat die Grüne Landesregierung im Naturschutz und in der Agrarpolitik konkret zustande gebracht? Abgesehen vom Nationalpark.
Der Forst darf immer noch mit dem Vollernter im Naturschutzgebiet wüten und alle 25 Meter Rückegassen einrichten.
Der Bauer darf immer noch Glyphosat…