Der baden-württembergische Landtag unterhält seit vielen Jahren ein Informationszentrum mit Bibliothek, einem bestens gepflegten Archiv und freundlichen Beschäftigten. Wer Fragen hat zur jüngeren oder älteren Geschichte des Landes, zu Regierungen oder Parlament, erhält hier rasch eine Antwort. Es sei denn, es geht um Tanja Gönner, die vor fünf Jahren Umwelt- und Verkehrsministerin in der Regierung Mappus war. Da gibt es überraschenderweise eine Lücke in der Dokumentation.
Wieso Unterlagen fehlen, ist ungeklärt. Jedenfalls lässt sich nicht mehr detailliert anhand der Berichterstattung in den Tageszeitungen des Landes nachvollziehen, welche Themen Gönner wann beschäftigt haben im Jahr 2010 und den ersten Monaten 2011, über welche Auftritte wo und wie berichtet wurde, welche Interviews sie gab. Verwunderlich ist, dass es sich auf den Tag genau um den Zeitraum vom Amtsantritt als Ministerin im Kabinett von Stefan Mappus bis zum Tag nach dem Machtverlust am 27. März 2011 handelt, ein Zufall ist schon allein deshalb alles andere als wahrscheinlich.
Aus den Protokollen der Plenarsitzungen des Parlaments geht hervor, wie sehr sie sich die machtbewusste Christdemokratin aus Oberschwaben für das Milliardenprojekt aus dem Fenster gehängt hat. Wie sehr sie die Erwartungen des neuen Ministerpräsidenten erfüllen wollte, der dem CDU-Innenminister Heribert Rech die Zuständigkeit für Stuttgart 21 entzogen hatte, um sie seiner engsten politischen Weggefährtin zu überantworten. Nach der Geißler'schen Schlichtung, per Live-Übertagung einem Millionenpublikum zugänglich gemacht, wird die FAZ die Hoffnungsträgerin zur bekanntesten Politikerin aus dem Südwesten erklären, unter der Überschrift "Unbeirrbar, unversöhnlich, unabkömmlich".
Schon in Bälde werden solche und andere Einschätzungen noch einmal den Realitätstest bestehen müssen. Die vom parlamentarischen Untersuchungsausschuss "Schlossgarten II" beim Stuttgarter Amtsgericht in Auftrag gegebene Trennung der ministeriellen Mails von Gönners Privatpost ist abgeschlossen. Der Vorsitzende des Gremiums, Jürgen Filius (Grüne), will die seit Monaten unterbrochenen Beratungen – nach Lektüre des Schriftverkehrs – in der ersten Dezemberwoche wieder aufnehmen.
Es geht um Mails von August 2010 bis Januar 2012
Vorliegen wird die digitale Kommunikation aus den Monaten August 2010 bis Januar 2012. Gönner war in dieser Zeit mit vielen Themen befasst, von der Stilllegung des AKW in Obrigheim bis zum Streit mit den Hausbesitzern über das neue, bundesweit bis dato einmalige Erneuerbare-Wärme-Gesetz, vom Fluglärm in Südbaden bis zur Diskussion um ihre Rolle als Vertraute der Kanzlerin und ihre Chancen in möglichen künftigen schwarz-grünen Bundesregierungen.
16 Kommentare verfügbar
Klaus
am 25.11.2015Hier ist die Rede von Dieter Reicherter, Ex-Richter, auf der letzten MoDemo zu finden.
Ganz klar wird aufgezeigt:
Schwere grob fahrlässige Körperverletzung verjährt nach 10…