Auf Wunsch. Zwei Worte, die noch weite Kreise ziehen werden rund um den zweiten Schlossgarten-Untersuchungsausschuss – jedenfalls, wenn es nach der CDU-Fraktion geht. Zwar unterstellt nicht einmal CDU-Obmann Reinhard Löffler Kretschmann, einen derartigen Auftrag höchstselbst erteilt zu haben. Aber er will erreichen, dass sich der Regierungschef äußert. Er will wissen, warum "wer nichts zu verbergen hat, nicht in die Offensive geht". Oder welche Erklärung es überhaupt dafür gibt, dass die Anfrage auf Wunsch des Ministerpräsidenten und der Ministerin verfasst wurde. Die Blockadehaltung des Staatsministeriums befeuere doch nur den Verdacht, dass "von höchster Stelle" versucht worden sei, ins Geschäft der Ermittlungsbehörden einzugreifen. "Wer Transparenz zum Mantra macht", sagt der Stuttgarter Abgeordnete, "darf nicht Informationen vorenthalten."
Die Mail, die sich auch in den der Geheimhaltungspflicht unterliegenden Akten des Untersuchungsausschusses befindet, wurde am 10. April durch eine Antwort auf eine parlamentarische Anfrage Löfflers publik. Das Staatsministerium verortete das Schreiben bisher "auf Arbeitsebene". Darin will die zuständige Referatsleiterin, die gerade erst ins neue Amt gekommen und davor im persönlichen Büro des Ministerpräsidenten war, unter anderem wissen, ob es Anzeigen zum Thema Mischfinanzierung gibt und wer die Erstatter sind. Erfragt wurde darüber hinaus, gegen wen sich Verfahren richten und wie deren Stand ist. Wobei schon das Wörtchen "wen" unscharf benutzt ist. In einer Klammer steht: DB, Land, Stadt, S-21-Gegner, -Befürworter, Polizeibeamte etc. Nur Gruppen seien gemeint gewesen, heißt es in einer jetzt nachgeschobenen Interpretation, die die deutsche Sprache aber zumindest im Falle der Polizeibeamten eigentlich nicht stützt.
Politisch noch heikler aus CDU-Sicht ist die Kombination der Namen Kretschmann und Krebs mit der Formulierung "auf Wunsch". Harmlos interpretiert wollte die Absenderin ihrem Anliegen Nachdruck verleihen mit der Berufung auf Ministerpräsident und Ministerin. Nur zwei Tage folgte die Antwort auf dem Fuße, ohne personenbezogene Daten, aber mit dem Hinweis, über die Verfahrenszahlen sei schon Ende September der Landtag informiert worden. Was so viel heißt wie, in wesentlichen Teilen ist die Abfrage überholt – sollte nicht, wie von der CDU insinuiert, doch ein weiterer Zweck verfolgt werden.
Es waren spannende Wochen damals im Oktober vor zweieinhalb Jahren. Die neue Koalition hatte sich bereits einigermaßen aufgerieben in der Vorbereitung der Volksabstimmung über Stuttgart 21 und der Staatsgerichtshof eben erst den EnBW-Deal als nicht verfassungsgemäß gerügt. CDU-Landtagspräsident Willi Stächele stand vor kurz vor seinem Rücktritt und Kretschmann so gut da wie noch nie. Am zweiten Oktober-Wochenende feierten ihn die Grünen beim Landesparteitag in Aalen. "Der neue Joschka heißt Winfried", posaunte die "Stuttgarter Zeitung". Obwohl Kretschmann damals anderes bewegt haben dürfte, als einen Fragekatalog ans Justizministerium des Genossen Rainer Stickelberger auf den Weg zu bringen, meint Löffler einen "Anfangsverdacht der Einmischung" zu sehen. Er schlägt einen Bogen zu Treffen des Regierungschefs mit führenden Köpfen der Bewegung gegen Stuttgart 21, darunter Dieter Reicherter. Und der Rechtsanwalt will "alle Möglichkeiten als Abgeordneter nutzen, im Extremfall auch einen Untersuchungsausschuss oder den Weg vor den Staatsgerichtshof, um die Sache aufzuklären".
Parallelen drängen sich auf, denn der zweite Ausschuss zum Thema Schwarzer Donnerstag hat die ehemalige Umwelt- und Verkehrsministerium Tanja Gönner (CDU) gebeten, ihren E-Mail-Account offenzulegen. Die Retourkutsche der CDU ist bereits angespannt: Auch von Kretschmann, Krebs, Staatssekretär Klaus-Peter Murawski und der Autorin der Mail könnte eine Offenlegung verlangt werden. Um dies anzuregen oder bei Weigerung durchzusetzen, brauchen CDU und FDP die Stimmen von Grünen und Roten. Eine Ablehnung brächte die Genannten erst recht in eine schiefe Optik. Und so entstünden für die grün-rote Landesregierung nach und nach einige jener Kollateralschäden, die der Opposition so sehr gelegen kämen auf ihrem steinigen Weg in den nächsten Landtagswahlkampf.
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andrea behrendt
am 23.04.2014