Die Stuttgarter Stadträte fordern aktuell eine höhere Aufwandsentschädigung. Schließlich sei die Arbeit in den vergangenen Jahren deutlich umfangreicher geworden, argumentieren sie. 1600 Euro statt 1200 Euro monatlich, so lautete der erste Vorschlag. Verwaltungsbürgermeister Werner Wölfle (Grüne) befürchtete Vermittlungsschwierigkeiten, man müsse immerhin bedenken, dass dies ein Ehrenamt sei. Nun hat sich die Mehrheit der Räte auf 1500 Euro geeinigt.
Manche Stadträte shoppen während den Sitzungen
Doch welche Bezahlung ist angemessen für ein Ehrenamt mit einer 30-Stunden-Woche und der Verantwortlichkeit für einen Milliardenhaushalt? Was ist der Gesellschaft eine engagierte Vertretung der eigenen Interessen wert? Es gibt in Stuttgart Stadträte, die in Sitzungen lieber auf ihrem Tablet im Netz shoppen. Es gibt Stadträte, die in Ausschüsse gehen, ohne eine Vorlage gelesen zu haben. Aber es gibt auch solche, die viel Zeit investieren, um informiert und kompetent entscheiden zu können.
Maria Hackl ist schwer zu übersehen, schwer zu überhören – und schwer zu ignorieren. Erstaunlich bei einer Größe von 1,37 Meter. "So steht es in meinem Pass, ich glaube, ich schrumpfe schon im Alter", sagt die 54-Jährige mit ihrer durchdringenden Stimme, "ich war schon immer klein, aber frech." Stunden vor dem Treffen mit dem Stadtjugendring läuft Hackl mit schnellen Schritten – kurze, schwarze Haare, roter Schal, schwarze Lederjacke über dem roten Pullover – zur Stadtbahn-Haltestelle am Ostendplatz.
Das Stadtratsmandat als ausfüllendes "Hobby"
Es ist Montag, 12.15 Uhr, und ihr Arbeitstag ist offiziell bereits vorbei. Hackl ist Jugendhilfereferentin bei der Caritas der Diözese Rottenburg-Stuttgart. Nun wendet sie sich ihrem "Hobby" zu, wie sie selbst sagt: SPD-Stadträtin in Stuttgart. In der Bahn auf dem Weg ins Rathaus trifft sie auf Mitarbeiter der Stuttgarter Straßenbahnen, Hände schütteln, Küsschen links, Küsschen rechts. "Das Amt für öffentliche Ordnung ist doch ein Drecksladen", poltert einer sofort los. Es geht um den Stadtteil Plieningen, ein Parkverbot im Ortskern, das nicht kontrolliert wird. Hackl weiß Bescheid, sie ist zuständig für den Bezirk.
Seit 15 Jahren ist Maria Hackl Stadträtin der SPD in Stuttgart. Sie ärgert sich über die Reaktionen auf die Forderung nach einer höheren Aufwandsentschädigung, vor allem den Vergleich mit anderen ehrenamtlich tätigen Menschen. "Ich trau mich zu sagen, dass kein Ehrenämtler 40 Stunden die Woche unterwegs ist." Mit dem Fußballtrainer, der einige Male in der Woche seine Sportgruppe betreut und mehrere Hundert Euro Aufwandsentschädigung nicht versteuern muss, will sie nicht gleichgestellt werden.
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Schwabe
am 24.11.2014