Was haben die Panzerknacker und Winfried Kretschmann gemeinsam? Beide wechseln das Auto. Die einen auf der Flucht aus Entenhausen, der andere auf der Fahrt nach Biberach beispielsweise, wenn dort an Aschermittwoch die Grünen ihren alljährlichen Auftrieb haben. Achtung, Parteitermin! Tatsächlich ist die jüngere deutsche Geschichte gespickt mit Affären, in denen allzu freihändig genutzte Dienstwagen eine Rolle spielten. Bundestagspräsidentin Rita Süssmuth ließ den Gatten darin chauffieren und geriet deshalb an den Rand des Rücktritts, die Franz-Josef-Strauß-Tochter Monika Hohlmeier schlug sich mit Vorwürfen herum, ihre Kinder würden in der Amtslimousine zum Kindergarten gebracht, Gesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD) machte Furore, indem sie Dienstfahrzeug plus Fahrer nach Spanien in den Urlaub beorderte. Und erst neulich musste ein Grünen-Staatssekretär in Niedersachsen zurücktreten, weil er – seines Rückenleidens wegen – zu einem allzu PS-starken A 8 gegriffen hatte.
In Baden-Württemberg wird nicht erst seit Grün-Rot nach der Reisekostenverordnung und den Nutzungsrichtlinien des Landes penibel abgerechnet und versteuert. Weshalb der Autotausch mehr als eine Posse ist im Leben eines unter großem Termindruck stehenden Regierungschefs, für den das Eis an bestimmten Stellen deutlich schneller bricht als für Kollegen aus anderen Parteien. Auch die jahrzehntelange innerparteiliche Debatte über die Trennung von Amt und Mandat hallt nach bis heute. "Gemäß der Verwaltungsvorschrift des Finanz- und Wirtschaftsministeriums für den Kraftfahrzeugbetrieb des Landes steht den Regierungsmitgliedern ein Dienstkraftfahrzeug zur alleinigen Benutzung zur Verfügung", teilt das Staatsministeriums mit. Der Ministerpräsident dürfe "seinen Dienstwagen auch unentgeltlich für außerdienstliche Zwecke nutzen". Nur in "einzelnen Ausnahmefällen" würden aber Wahlkampftermine mit dem Dienstwagen wahrgenommen, diese Nutzung sei jedoch "auf ein Minimum reduziert". Stattdessen: raus aus dem Landes-Mercedes, rein ins Partei-Auto.
Wenn der MP schreibt, mutiert er zum MdL
Wenn der Landesverband seinen Promi in diesen Tagen in den Kommunal- und Europawahlkampf schickt ("Kretschmann kommt"), bleibt konsequent unerwähnt, welches Staatsamt er bekleidet, aber auch, dass er "qua Amt", so das Staatsministerium, dem Landesvorstand und damit der vierköpfigen Führungsspitze der Partei angehört. Wenn er – selten genug – im Mitgliederblatt schreibt, muss er dies als Abgeordneter tun. Boris Palmer hingegen hat gerade zwanglos als Tübinger OB das Wort ergriffen – Wahlkampf hin oder her. Und auf der Grünen-Homepage fahnden auch größte Fans vergeblich nach aktuellen Äußerungen des Regierungschefs. Das Wort Ministerpräsident fällt ein einziges Mal ins Auge: "Winfried Kretschmann knöpft sich den bayerischen Ministerpräsidenten Horst Seehofer vor."
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Jörg Rupp
am 26.04.2014