Als das Gründungsteam unserer Zeitung vor nahezu 15 Jahren zusammensaß und sich für das neue Baby einen Namen überlegte, war schnell klar: Es soll "Kontext" heißen. Der – zugegeben etwas hochtrabende – Gedanke dahinter: irgendwann in ferner Zukunft thematische Kreise geschlagen zu haben, die sich zu einer Matrix der Information verbinden. Damit war schon qua Namen ein Kontrapunkt gesetzt gegen die schnelle kurze Nachricht, die zackige Meldung aus dem Rückenmark, die kurze Geschichte, gespickt mit vielen Reizworten, damit sie den Algorithmen im Netz gefällt und Klicks generiert. Da sind wir altmodisch, denn Kontext steht für den zweiten, dritten Gedanken hinter einer Geschichte. Für die Einordnung und – nun ja – den Kontext, in dem sich einzelne Informationen bewegen.
Bestes Beispiel, das in der vergangenen Woche durch alle Medien ging: Die Firma Solvay pustet in Bad Wimpfen tonnenweise das klimaschädliche Treibhausgas Schwefelhexafluorid (SF6) in die Luft. Das ganze Ausmaß des Skandals zeigt sich aber dann, wenn man weiß, dass das Unternehmen seit vielen Jahren auch große Mengen Ewigkeitschemikalien (PFAS) – konkret TFA – in den Neckar leitet. Aufgedeckt hat das unser Autor Gunter Haug. Auch, weil er herausgefunden hat, dass die Firma in Frankreich wegen ihrer extrem hohen TFA-Ausleitungen in Gewässer bereits ein Werk geschlossen hat. Der Kontext macht's halt.
Also zeigen wir nicht nur, wie schön Theaterstücke sein können, wie einzigartig die feinen Inszenierungen kleinerer Bühnen oft sind. Sondern auch, was passiert, wenn der Kultur die Finanzierung wegzubrechen droht, wie derzeit in vielen Städten und Gemeinden, wo Kultureinrichtungen, ob klein oder groß, als Erste den Sparzwängen zum Opfer fallen. Unser Autor Thomas Morawitzky hat erst jüngst das Kulturzentrum Franz.K in Reutlingen besucht und beschrieben, was das eigentlich bedeutet.
Und was bedeutet es für Deutschland, wenn Bosch in Baden-Württemberg beschließt, Tausende Stellen zu streichen? Dann trifft das nicht nur die Standorte im noch reichen Süden, sondern beispielsweise auch den in Sebnitz in Sachsen – einer Region, in der an jedem Bosch-Job zwei weitere hängen, in einer Gegend, in der Industrie und Arbeitsplätze rar sind. Dort besteht schon jetzt die Hälfte des Gemeinderats aus Rechtsextremen. Und besser wird das nicht, wenn die großen Unternehmen die kleinen Leute im Stich lassen.
Die US-amerikanische Politik ist kaum mehr ein verlässlicher Partner. Wirklich gruselig wird es da, wo sich die AfD mit der US-amerikanischen MAGA-Bewegung vernetzt, die Trump verehrt und behauptet, in Europa sei die Meinungsfreiheit fast abgeschafft. Auch aus Baden-Württemberg reisen AfDler in die USA, wie wir in der vergangenen Woche berichtet haben. Wer den zunehmenden Autoritarismus beschreiben will, muss die Zusammenhänge kennen.
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