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Bundestagswahlkampf

Praktikanten müssen draußen bleiben

Bundestagswahlkampf: Praktikanten müssen draußen bleiben
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Im Wahlkampf sind unsere Fotografen auf vielen Veranstaltungen unterwegs und nah dran. Meistens klappt auch alles gut. Bei den Grünen und bei der SPD allerdings gab es zuletzt Probleme. Nur ein Missverständnis? 

Kürzlich beim Spitzenkandidaten der Grünen Robert Habeck in der Carl-Benz-Arena: Die Stimmung unter all den Fans ist super, beste Laune in der Halle. Nur bei einem nicht. Unser Fotograf ist sauer, weil er seinen Job nicht so machen darf, wie er gerne würde. Der Platz vor der Bühne, der normalerweise akkreditierten Fotografen vorbehalten ist, ist für ihn diesmal gesperrt. Er möge sich doch ins Publikum stellen und von da aus fotografieren, heißt es.

Also mal nachfragen, ob das deren Ernst ist. Der Pressezuständige für diesen Tag erklärt wort- und gestenreich, dass das Bundeskriminalamt (BKA) zwecks Sicherheit verboten habe, Fotografen vor die Bühne zu lassen. Man habe lange mit der Behörde diskutieren müssen, um wenigstens die eigenen Fotograf:innen vor die Absperrung zu bekommen. Kontext könne aber bei den Grünen Fotos anfordern, wenn welche gebraucht würden. Aha. Grünen-Fotografen dürfen also? 

Nachfrage beim BKA. Das schreibt:

"Die Parteien erarbeiten für die öffentlichen Wahlkampfveranstaltungen ein Sicherheitskonzept, welches in enger Abstimmung mit dem BKA, der örtlichen Polizei und sonstigen (Sicherheits-)Dienstleistern umgesetzt wird … Zur nachgefragten Veranstaltung in Stuttgart war aufgrund von Auflagen ein Mindestabstand vor der Bühne einzuhalten. Grundsätzlich gibt es seitens des BKA kein Verbot, dass akkreditierte Fotografen mit Presseausweis bei Veranstaltungen der Parteien vor der Bühne fotografieren dürfen."

Kurz zum Hintergrund: Nicht immer, aber oft müssen Pressevertreter:innen bei Großveranstaltungen akkreditiert sein. Man meldet sich bei der Pressestelle per Mail für die jeweilige Veranstaltung an und schickt Name, Geburtsort und Geburtsdatum mit, damit das Bundeskriminalamt die Person überprüfen kann. Beim Einlass vor Ort zeigt man Personalausweis, Presseausweis oder, wenn man keinen hat, ein Begleitschreiben der Redaktion, die eine:n schickt, dann wird der Name auf einer Liste abgehakt, die Tasche durchsucht und fertig. Manchmal bekommen Fotografen auch Badges um den Hals oder Bändel ans Handgelenk, damit sofort ersichtlich ist, dass diese Person Zugang hat zu bestimmten Stellen und Orten. 

SPD schiebt BKA vor

Ein paar Tage später: Kanzler und SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz kommt zu einer Wahlkampfveranstaltung nach Esslingen ins Neckarforum. Der Kontext-Foto-Praktikant von der Stuttgarter Merz Akademie (renommierte Fotohochschule) will sich akkreditieren.

Die Pressestelle der Sozialdemokraten schreibt allerdings: "Leider können wir Praktikanten bei Medienunternehmen nicht als Pressevertreter werten. Bitte haben Sie Verständnis dafür, dass wir durch die Sicherheitsvorgaben des BKA auf einen Presseausweis bestehen müssen." Bei einem Anruf kurz darauf betont die Sprecherin nochmal, dass es ihr leid tue, aber das BKA habe "untersagt" Praktikanten zuzulassen. Und unserer habe zudem nur ein Begleitschreiben der Redaktion. Auf dem derselbe Name steht, wie auf dem Personalausweis, derselbe Name, der auch mit Geburtsort und Geburtsdatum in irgendwelchen Datenbanken steht, die vom BKA abgefragt werden. Dann trudelt eine weitere SPD-Mail ein: "Vielen Dank für Ihre telefonische Rückfrage. Leider bleiben die Sicherheitsvorgaben des BKAs bestehen und wir können demzufolge auch keine Ausnahme machen. Wir bitten um Verständnis." 

Nachfrage beim BKA. Das scheibt: "Federführend bei der Akkreditierung ist die Pressestelle bzw. der jeweilige Presseverantwortliche der Partei. Eine Akkreditierung nach Vorlage des Personalausweises plus einem Begleitschreiben der Redaktion ist aus Sicht des BKA in Ausnahmefällen, wie hier für einen Praktikanten, grundsätzlich umsetzbar."

Fazit: Mit dem BKA lässt sich reden, mit Parteipressestellen nicht. Die Grünen wollen ganz offensichtlich die Hoheit über die Fotos ihres Spitzenkandidaten behalten. Und die SPD, die (einstige) Arbeiterpartei, schafft es nicht, einen Praktikanten, der im Rahmen seiner Ausbildung etwas lernen soll und will, zu einer Wahlkampfveranstaltung zuzulassen. Wenn es, wo auch immer, nur wenige Presseplätze gibt, oder wenn ein Gerichtssaal so voll ist, dass nur noch wenige Presse-Leute hineinpassen – dann schickt unsere Redaktion selbstverständlich keinen Praktikanten mit. Allein aus Rücksicht auf die Kolleg:innen. Aber bei einer Wahlkampfveranstaltung? In einer Halle?  

Ja was jetzt?

Und beide Parteien sind sich nicht zu schade, eine Sicherheitsbehörde vorzuschieben. Wir haben nochmal nachgefragt bei den Grünen und der SPD und die Möglichkeit zur Stellungnahme gegeben. Immerhin: Von den Bundesgrünen ruft ein Sprecher aus Berlin an und entschuldigt sich. Es gebe intern bundesweit die Ansage, bei Großveranstaltungen keinen in den Sicherheitsbereich 1 vor der Bühne zu lassen – außer den eigenen Fotografen – und den Veranstaltungen auch kein Presse-Akkreditierungsverfahren voranzustellen, weil die Überprüfung des BKA immer so lange dauere. Die parteieigenen Fotografen seien dem BKA dagegen schon bekannt, da ginge es schneller.

Bei der Habeck-Tour durch Süddeutschland allerdings, in Stuttgart und Freiburg, und beim Auftritt von Annalena Baerbock in Ravensburg wurde zuvor ausdrücklich um Presseanmeldung beim jeweiligen Kreisverband gebeten. Und in Stuttgart explizit um Geburtsdatum und Geburtsort zur Überprüfung durch das BKA. Warum zumindest ein Kreisverband der Grünen völlig ohne Not sensible Daten von Pressevertreter:innen abgefragt hat, bleibt damit unklar. Zumal die Gegenleistung, nämlich Zugang zu bestimmten Bereichen, verwehrt wurde. 

Die SPD schickt dann doch noch eine Mail. "Nach interner Diskussion können wir in diesem Fall Ihren Foto-Praktikanten noch nachmelden, allerdings ohne Gewähr. Wir bekommen leider auch keine Rückmeldungen vom BKA zu Nachmeldungen. Wir benötigen dann bitte noch zeitnah Geburtsdatum, Geburtsort und Name und Vorname." Wir von Kontext bedanken uns. Und schicken den Praktikanten lieber woanders hin. 

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2 Kommentare verfügbar

  • Martin Lang
    vor 2 Wochen
    Antworten
    Dem lesenden Laien fällt auf, dass offensichtlich jede große Wahlveranstaltung einen Vorbereitungs-Aufwand erfordert, ja, wie man ihn eigentlich nur von großen Shows und Megakonzerten in Stadien usw. kennt. Tja - es ist halt auch einfach nix anderes als ein großer Zirkus, dieser Wahlkampf - Vorhang…
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