Selbige verpflichtet die Städte, ihre Bürgerinnen und Bürger über die "allgemein bedeutsamen Angelegenheiten der Gemeinde" zu unterrichten. Sven Matis, Leiter der Pressestelle der Landeshauptstadt, weiß, dass das schwierig ist. Den Rückzug des Stuttgarter Pressehauses aus dem Lokalen sieht er als Entwicklung wie in vielen anderen deutschen Städten. "Dahinter stehen wirtschaftliche Zwänge", beschreibt er, "aber auch veränderte Interessen des Publikums". Entsprechend reagiere das Rathaus. Mit dem Bespielen verschiedener Kanäle wie Twitter, Facebook, Instagram, mit Pressemitteilungen und "Amtsblatt", die demnächst eine "frische, zeitgemäßere Gestalt" bekommen sollen.
Im Referat für Allgemeine Verwaltung, Kultur und Recht verweist man auf die verlorene Vielfalt. Die Presse beschränke sich inzwischen auf die "ganz großen Themen", so Markus Rehm, persönlicher Referent von Bürgermeister Fabian Mayer. Heute seien sie froh, wenn ein, zwei Redakteure auftauchten. "Wenn dann ein und derselbe Bericht in mehreren Zeitungen erscheint", sagt Rehm, "ist eben die Pressevielfalt dahin, dann gibt es nur noch diese eine Quelle".
Auch die Kulturveranstalter leiden und suchen nach Auswegen. Etwa der vor 24 Jahren gegründete Kulturhausverein Untertürkheim. Damals wollte man die Kultur wieder zurück in die Stadtbezirke bringen, so Rainer Deiss, der Vorsitzende. Die Kleinkunstbühne in der Strümpfelbacher Straße bietet ein breites Spektrum von Theater, Kabarett, Lesungen – und findet medial kaum statt. Das war noch anders, als die "Eßlinger Zeitung" eigenständig und kein Appendix der Stuttgarter Blätter war. Heute ist der Platz im Veranstaltungskalender eher zufälliger Natur.
Der Konzern hat eine Idee: öffentliche Subventionen
Daraus entsteht eine fatale Spirale. Es kommen nur noch "Eingeweihte", es entsteht der Eindruck einer "lokalen, kulturellen Verödung", es schwinde das Interesse, selbst aktiv zu werden, und es entwickle sich eine generelle Uninformiertheit über viele brennende lokale Probleme: Grundversorgung der Bevölkerung, Wohnungsleerstand, Betrieb und Ausbau der Neckar-Schleusen, Abbau von Post- und Bank-Dienstleistungen. Resümee: Die oberen Neckarvororte haben keine Lokalpresse mehr.
Also müssen Alternativen her. Eine könnte der Blogger Klaus Enslin sein, der bereit ist, seine Plattform auszubauen zugunsten oben genannter Themen. Den Startschuss dazu hat ein Runder Tisch beim Kulturverein Untertürkheim gegeben, der 30 Interessierte um sich versammelt hat. Weiter gehen könnte es auch mit einer eigenen Internetzeitung. Auf dem Weihnachtsmarkt wollen sie mit einer Glocke herumgehen und die Alternative zur "verschwundenen Lokalpresse" ausrufen.
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Thomas Albrecht
am 12.12.2022