Dasselbe bescheinigte Döpfner gerne auch denen, für die er eigentlich sprechen sollte. "Die Medien" bildeten die Realität mehrheitlich nicht mehr ab, pflegte er zu warnen, gemeinsam mit der herrschenden Politik schliefen sie den "Schlaf der Selbstgerechten" und träumten den Wunschtraum der Political Correctness. Normalerweise wäre damit der Tatbestand der Geschäftsschädigung erfüllt, aber der Mann darf das, weil er glamourös ist, den Berufsstand der Verleger aufhübscht, und, natürlich, weil Springer nach wie vor eine Macht ist. Die Konsequenz ist kollektives Schweigen.
Das Onlinemagazin "Übermedien" hat die Probe aufs Exempel gemacht und die Chefs von acht großen Verlagen gefragt, was sie von Döpfners SMS an Stuckrad-Barre halten und ob er als BDZV-Präsident weiterhin haltbar sei? Inhaltlich geantwortet hat der Geschäftsführer der Funke Mediengruppe ("Hamburger Abendblatt", WAZ), Christoph Rüth. Die Formulierung "Propaganda-Assistenten" für die Mehrheit der JournalistInnen sei "völlig unpassend" und dem Amt eines BDZV-Präsidenten "nicht angemessen". Alle anderen haben eine Stellungnahme abgelehnt beziehungsweise gar nicht geantwortet, darunter auch der Geschäftsführer der Südwestdeutschen Medienholding SWMH ("Süddeutsche Zeitung", StZN), Christian Wegner.
"Döpfner erweist unserer Branche einen Bärendienst"
In Baden-Württemberg, wo die Verleger nicht müde werden, ihre Unabhängigkeit zu betonen, hat Kontext 13 Zeitungshäuser angeschrieben und nach ihrer Meinung zu Döpfner gefragt. Inhaltlich geantwortet hat Richard Rebmann, SWMH-Chef und BDZV-Vizepräsident bis 2018. Seine Stellungnahme ist die bisher kritischste eines Verlegers ("Schwarzwälder Bote") und umso bemerkenswerter, als der 63-jährige Jurist nie die Öffentlichkeit gesucht hat. Deshalb steht sie hier in voller Länge:
"Es gibt Themen, zu denen man als Verleger und Herausgeber nicht schweigen darf, und dieses gehört dazu.
Herrn Döpfner schätze ich als visionären und mutigen Unternehmer, und er hat dem BDZV wichtige zukunftsweisende Impulse gegeben. Seine aktuellen Äußerungen müssen aber davon unabhängig bewertet werden. Mit seiner Behauptung vom feigen Journalisten, alle außer Reichelt, der nur die staatliche Propaganda eines Unrechtsstaats veröffentlicht, hat er unserer Branche und allen Journalisten einen Bärendienst erwiesen. Wir leben von der Glaubwürdigkeit unserer Medien und dem Mut unserer Journalisten zur investigativen Recherche, und von der Verantwortung der Verleger, die Ergebnisse dieser journalistischen Arbeit zu veröffentlichen. Dies rechtfertigt unser Wächteramt. Diesem Anspruch werden unsere Journalisten gerecht. Mit seinen Äußerungen hat Herr Döpfner leider radikalen, rechten Kräften Vorschub geleistet, die von einer gelenkten Presse ausgehen.
Der BDZV hat die Aufgabe, die Unabhängigkeit der deutschen demokratischen Verlage zu wahren und das Ansehen der Verlage zu fördern. Ob Herr Döpfner diesem Anspruch noch gerecht werden kann, müssen er selbst und die Mitglieder entscheiden. Ohne klare Distanzierung von seinen Aussagen fällt es mir schwer zu glauben, dass Herr Döpfner weiterhin Präsident des BDZV bleiben kann."
Keine Reaktion auf mehrfache Nachfragen kam von (Stand Dienstag, 26.10., 18 Uhr):
Valdo Lehari jr., Verleger "Reutlinger Generalanzeiger" und BDZV-Vizepräsident, Reutlingen
Herbert Dachs, Geschäftsführer SWMH-Medienholding Süd (StZN), Stuttgart
Wolfgang Poppen, Verleger "Badische Zeitung", Freiburg
Klaus-Michael Baur, Verleger "Badische Neueste Nachrichten", Karlsruhe
Tilmann Distelbarth, Verleger "Heilbronner Stimme", Heilbronn
Ullrich Villinger, Verleger "Waiblinger Kreiszeitung", Waiblingen
Joachim Knorr, Herausgeber "Rhein-Neckar-Zeitung", Heidelberg
Michel Bieler-Loop, Geschäftsführer "Südkurier", Konstanz
Lutz Schumacher, Geschäftsführer "Schwäbische Zeitung", Ravensburg
Andreas Simmet, Geschäftsführer "Südwestpresse", Ulm
Thomas Satinsky, geschäftsführender Verleger "Pforzheimer Zeitung", Pforzheim
Für die Anfrage gedankt hat Gerhard Ulmer von der "Ludwigsburger Kreiszeitung". Er bat um Verständnis, dass er sich zu dem Thema nicht äußere.
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Philippe Ressing
am 30.10.2021