"Es wird Zeit für eine regelmäßige Klima-Berichterstattung im TV" – mit diesen Worten startete im vergangenen Jahr die Initiative "Klima vor acht". Die Kampagne hat das Ziel, die für eine recht spezielle Zielgruppe produzierte ARD-Sendung "Börse vor acht" durch ein tägliches Kürzestformat zum Thema Klima zu ersetzen. Das Fehlen prägnanter täglicher Informationen zur besten TV-Sendezeit ist aber nur ein Symptom für eine unzureichende Klimaberichterstattung der Öffentlich-Rechtlichen. Ein Problem besteht auch darin, dass es – von oberflächlichem Wohlwollen für Fridays for Future abgesehen – an einer Bereitschaft zu fehlen scheint, sich nachhaltig mit den politischen Positionen jüngerer Menschen auseinanderzusetzen, also jener Zielgruppe, die das Thema stärker betrifft als die EntscheiderInnen in den Sendern.
Diesbezüglich etwas Abhilfe geschaffen hat in den vergangenen Monaten der deutsch-französische Sender Arte. Ein Zeichen setzte er etwa mit dem Programmschwerpunkt "The European Collection", an dem auch Redakteure von ARD und ZDF mitwirkten. Der Schwerpunkt beschäftigte sich mit der Zukunft der Gesellschaften in Europa und der Wahrnehmung junger Menschen von Umwelt- und Klimafragen.
In dem Film "Die Jahrhundertschlacht" stehen zum Beispiel AktivistInnen der französischen Gruppierung Alternatiba im Mittelpunkt, außerdem gehen die Filmemacherinnen Alizée Chiappini und Adèle Flaux auf Aktionen von Ende Gelände und Extinction Rebellion ein. Der Film macht deutlich, dass in Frankreich in vielerlei Hinsicht andere Verhältnisse herrschen: Eine Protestaktion von Alternatiba bestand darin, in mehr als 130 Rathäusern Bilder von Staatspräsident Emmanuel Macron abzuhängen und für kurze Zeit in Besitz zu nehmen, und eine andere darin, in Paris das Umweltministerium zu blockieren, so dass den MitarbeiterInnen der Zugang zu ihren Arbeitsplatz verwehrt blieb. Täten AktivistInnen Vergleichbares in Deutschland, würden ihnen wahrscheinlich auch Menschen, die inhaltlich zumindest dezent mit KlimaaktivstInnen sympathisieren, mangelnden Respekt vor staatlichen Symbolen und Institutionen vorwerfen.
Bemerkenswert ist "Die Jahrhundertschlacht", weil hier etwa die Stürmung des Braunkohletagebaus durch Ende Gelände und auch andere Formen des Widerstands gewürdigt werden, von denen sich zumindest deutsche TV-Journalisten normalerweise distanzieren. Entstanden ist "Die Jahrhundertschlacht", abgesehen von den letzten zehn Minuten, im Jahr 2019, und insofern ist der Film auch ein Rückblick auf eine Zeit, die uns weit weg erscheint, besonders in Hinsicht auf Massenproteste mit Happening-Charakter und Kundgebungen mit Popkonzert-Atmosphäre.
Symbolpolitik mit "unerträglicher Leichtigkeit"
In "Und jetzt wir! – Eine Generation schlägt Alarm", ebenfalls ein Teil von "The European Collection", stellt Aline Abboud andere Formen klimapolitischen Engagements vor, unter anderem porträtiert sie Mitglieder des Jugendrats der Generationen Stiftung, einer gemeinnützigen GmbH. Außerdem kommen Vertreter der relativ jungen Generation zu Wort, die mit Klima-Aktivismus nichts anfangen können, etwa eine Autorin des rechten Blogs "Achse des Guten" oder Mitstreiter von "Les Jeunes avec Macron". Der instruktivste Teil des Films: Abboud bringt eine Landwirtin aus Schleswig-Holstein mit Mitgliedern des Jugendrats zusammen. Wenn man bedenkt, wie wichtig eine radikale Reform der Agrarwirtschaft für eine ebenso radikale Reform der Klimapolitik ist, ist es wichtig, für künftige Debatten zu dem Thema festzuhalten, dass sich das agrarwirtschaftliche System, das sich Jahrzehnte lang in die falsche Richtung entwickelt hat, nicht auf Knopfdruck reparieren lässt. Das machen die Äußerungen der Landwirtin recht gut deutlich.
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Peter Meisel
am 07.01.2021S. Arte „Umweltsünder E-Auto“ bei ARTE suchen und anschauen. Da verstehen wir, warum auch unsere e-Mobilität, Solarzellen oder Windräder unseren Globus noch…