Uthoff sagt, "Die Anstalt" sei die Rache des Mainstream an sich selbst.
Wo Max recht hat, hat er recht. Zumindest machen wir Kabarett im reichweitenstärksten Medium. Nun arbeiten wir nicht in dem Sinne investigativ, dass wir vor Ort recherchieren. Aber wir sammeln Informationen, in den in- und ausländischen Medien, von wissenschaftlichen Quellen, sortieren sie, heben das heraus, was andere liegen lassen und spitzen satirisch zu. So gesehen sind wir der kleine schmutzige Bruder des Journalismus.
Und, zack, haben Sie eine Klage an der Backe wie jene von Josef Joffe, dem Herausgeber der "Zeit", den Sie einer Seilschaft von Amerikafreunden zugeordnet haben.
Die Grundlage der besagten Nummer war eine Studie von der Uni Leipzig. Wenn Sie so wollen, wissenschaftsbasiertes Kabarett und ausgerechnet dafür gab's ne Klage. Der Medienforscher Uwe Krüger hatte aufgelistet, welche deutschen Großpublizisten in welchen transatlantischen, nennen wir sie ruhig Lobbyverbänden sitzen. Unter anderen war Joffe neben Stefan Kornelius von der "Süddeutschen Zeitung" genannt. Das Ganze haben wir auf einer Schautafel aufgelistet. Joffe hat geklagt, und der juristische Streit dauert bis heute an.
Ein Streit, den kein Mensch kapiert.
Primär dreht er sich darum, ob die Anzahl der Striche auf unserer Tafel exakt mit der Anzahl seiner Mitgliedschaften in transatlantischen Organisationen zum Zeitpunkt der Sendung übereinstimmt. In den bisherigen Verfahren wurde festgestellt, es gehe hier um eine Differenz von maximal zwei Verbindungen. Mindestens ein halbes Dutzend vermochte man Joffe aber zuzuordnen. Joffes Homepage an der Stanford University, so haben wir gelernt, ist dabei als Quelle mit Vorsicht zu genießen: <link http: fsi.stanford.edu people josef_joffe _blank external-link>Dort steht bis heute, Josef Joffe sei bei der Atlantik-Brücke, diese Behauptung wird der Anstalt gerichtlich untersagt.
Gemeinerweise haben Sie auch noch nachgeschoben, jetzt sei klar, warum die "Zeit" nur einmal wöchentlich erscheine. Bei so vielen nebenberuflichen Verpflichtungen.
Wir machen eine Satiresendung und müssen sarkastisch sein. Wenn wir nur Fakten bringen, wäre das Arbeitsverweigerung. Aber Tatsache bleibt doch, dass diese Journalisten mit amerikaaffinen Thinktanks verbandelt sind. Selbst der stellvertretende Chefredakteur der "Zeit", Bernd Ulrich, hat dies jüngst in seinem Buch "Sagt uns die Wahrheit!" als problematisch bezeichnet. Wie kritisch er das bewertet – ungeachtet des Streits um einzelne Striche –, das hätten wir uns allerdings nicht träumen lassen. Darf ich Ulrich zitieren?
Aber bitte.
"Tatsächlich gibt es zahlreiche transatlantische Organisationen wie die Atlantik-Brücke, die Bilderberg-Konferenz und viele andere, in denen Politiker Militärs, Mitarbeiter amerikanischer Thinktanks und eben Journalisten zusammenkommen. Diese Veranstaltungen, von denen nicht berichtet werden darf, haben einen bestimmten Zweck – in der Regel: offiziell die Stärkung der transatlantischen Zusammenarbeit. De facto sind sie auch ein Transmissionsriemen für die amerikanische Denkart in der Außenpolitik, für die je angesagte Politik Washingtons. In diesen Netzwerken wurde in den Jahren der Mittelostkriege eine Politik vordiskutiert und rationalisiert, die aus heutiger Sicht als stellenweise durchgeknallt bezeichnet werden muss. [...] Durch dieses journalistische Eingebettetsein hat die außenpolitische Debatte hierzulande zuweilen einen merkwürdigen amerikanischen Akzent, oft gewinnt man beim Lesen den Eindruck, als würde einem in Leitartikeln etwas beigebogen, als gäbe es Argumente hinter den Argumenten, fast glaubt man, eine Souffleurstimme zu hören."
Wow, wir hätten es vielleicht nicht ganz so scharf formuliert.
Aufgespießt haben Sie auch den Leitartikler der "Zeit", Jochen Bittner.
Wenn Bittner erst an einem Papier eines transatlantischen Thinktanks mitarbeitet, das einen Strategiewechsel in der Außenpolitik fordert; wenn dieses Papier dann in die wichtige Rede von Bundespräsident Gauck auf der Münchner Sicherheitskonferenz 2014 zur neuen Verantwortung Deutschlands einfließt und derselbe Redakteur danach in der "Zeit" durchaus wohlwollend über diese Rede schreibt, dann ist das, finden wir, ein merkwürdiges Rollenverständnis von Journalismus. Konkret wird vor Gericht mit Bittner vor allem um unsere satirische Zuspitzung gestritten, "er schreibe für die Zeit und für Gauck". Aber so viel Satire muss unserer Meinung nach unbedingt möglich sein – vor allem, wenn man vorher genau den Sachverhalt geschildert hat, um den es geht.
Das erwartet man eher in der recherchierenden Presse.
Wir hatten diesen Fakt aus der Internetzeitung "Telepolis". Sie sehen, wir sind auf gute Journalisten angewiesen. Fernsehsatire kann guten Journalismus, der manchmal in der Nische arbeitet, ohne ein breites Publikum zu finden, verstärken und ergänzen und Themen eine ganz andere Wucht geben. Es gibt viele tolle Journalisten und Wissenschaftler, von denen wir unsere Informationen beziehen, aber eben in den letzten Jahren auch bei wichtigen Themen in den Leitmedien – Eurokrise, Rentenpolitik etc. – oft ein sehr ähnliches Narrativ, das selbst dann unverändert bleibt, wenn vereinzelt ganz konträre Fakten berichtet werden.
Narrativ ist hübsch ausgedrückt. Wir könnten auch von uniformer Berichterstattung sprechen.
So erklären wir uns die starken positiven Reaktionen des Publikums auf "Die Anstalt": Hoppla, sagt es, so wie in der "Anstalt" habe ich das noch gar nicht gelesen oder gehört. Über den NSU, Griechenland, die Rente, den Giftgasangriff in Syrien. Da scheint mir offensichtlich einiges an Fakten und Zusammenhängen liegen gelassen worden zu sein.
13 Kommentare verfügbar
Barolo
am 29.12.2015Aber wenn ich immer Monate auf eine…