Mit 74 Jahren denkt Bert Heim ans Aufhören. 25 Jahre lang hat er den Buchladen "Die Zeitgenossen" in der Esslinger Altstadt geführt. Anfangs mit einem Partner, der aber schon länger nicht mehr lebt. Die letzte Zeit sei nicht einfach gewesen: "Corona hat uns ziemlich gebeutelt", erklärt Heim, der seine KundInnen gern erst mal zu einer Tasse Kaffee einlädt. Vor langer Zeit hat er einmal auf Lehramt studiert, ist aber nie Lehrer geworden. Der Buchladen ist sein Lebenswerk. Er sei da "mit Leib und Seele reingewachsen". Heim möchte, dass sein Buchladen weiter existiert.
Bis 2016 gab es in Esslingen noch vier eigentümergeführte Buchhandlungen. Dann schloss zuerst Stocker & Paulus seine Pforten. Im selben Jahr verkaufte die Eigentümerin von H.Th. Schmidt eine der beiden Filialen an Osiander. Die andere musste im folgenden Jahr ebenfalls schließen, weil sich keiner fand, der sie übernehmen wollte. Beide in bester Lage: in der Bahnhofstraße und an der Inneren Bücke, den meist frequentierten Einkaufszonen der Stadt.
Buchhändler Heim sucht neue InhaberInnen
Da waren's also nur noch zwei. Auch der Stuttgarter Platzhirsch Wittwer hatte mal einen Laden in Esslingen. Doch selbst Wittwer gibt es inzwischen nicht mehr: Die Buchhandlung, aus Esslingen schon länger verschwunden, ging 2018 an Thalia. Thalia hat bundesweit fast 350 Filialen, Osiander, von Tübingen ausgehend, derzeit 68. Beide arbeiten seit Kurzem zusammen. Der große Buchladen in Esslingen heißt heute ebenfalls: Osiander.
Auch wenn man jedes Buch in jedem Buchladen und ebenso gut online bestellen kann: Zwischen kleinen, inhabergeführten Buchhandlungen wie Bert Heims "Zeitgenossen" und Ketten wie Osiander oder Thalia besteht ein Riesen-Unterschied. Es genügt, sich die Schaufenster anzusehen oder den Laden zu betreten: Beim Filialisten richtet sich alles danach, was sich am besten verkauft. Die kleinen BuchhändlerInnen dagegen sind Überzeugungstäter.
So auch Heim, der nun seine Kundschaft angeschrieben hat. Er habe "nicht den zwingenden Wunsch, ältester Buchhändler Europas zu werden". Doch einen neuen Inhaber zu finden sei schwierig. "Viele Möglichkeiten sehe ich nicht", schreibt er. "Sang- und klanglos hinzuschmeißen ist die eine, die schlechteste." Denn: "Es gilt auch einen kulturellen Auftrag zu befriedigen […] Wir sind auch Aufwärmstation, Zwischenlager, Mutmacher, politische und private Kommunikationsstelle, Anlaufstelle für politische Aktivitäten und und und ...".
Seine Idee: "Die Zeitgenossen" in eine Genossenschaftsbuchhandlung umzuwandeln. Wenn sich genügend Menschen finden, die bereit sind, Geld und Zeit zu investieren, könnte der Laden als gemeinschaftlich geführtes Unternehmen fortbestehen.
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