Ohnehin – das ist jetzt ein Gemeinplatz – kennt Kunst keine Grenzen. Aufnahmen zu "Vorhang auf!" kamen aus China, Indien, dem Iran und von einem südafrikanischen Klavierwettbewerb. Theresa Degen performt den hawaiianischen Hula-Tanz. Für Michaela Tröscher aus Titisee-Neustadt – Künstlername "The Icelandic Pianist" – ist der Bezugspunkt Island. Beteiligt waren KünstlerInnen aus Japan, Kamerun, der Ukraine und Brasilien. Aber auch das Ländle kommt nicht zu kurz: von Owingen-Taisersdorf bis zum Killertal.
Von Jazz bis Raw Punk, von sanften Liedermachern bis hin zu kratzbürstiger Neuer Musik; Theater, Figurentheater, Tanz, Performance: Die zeitbasierten Künste, wie man so sagt, finden normalerweise vor Ort, vor einem anwesenden Publikum statt, ebenso Poetry Slam und Dichterlesungen. All das lässt sich auch auf Video aufnehmen, und doch ist das Erlebnis nicht dasselbe. Es gibt aber auch die Videokunst als eigene Kunstrichtung – die Grenzen sind fließend. Mehrere Beteiligte haben zu ihrer Musik Videos neu produziert, die selbst künstlerische Qualitäten aufweisen. Und sogar Malerei, die sonst still und unbeweglich im Ausstellungsraum hängt, lässt sich, wie Kerstin Schaefer zeigt, in eine Performance mit Tonspur ganz eigener Logik verwandeln.
Wie es der Zufall will, folgt auf den Lockdown am Ende die Lockerung mit dem früheren Olympiasieger und Kontext-Vorstand Dieter Baumann, dann noch die trans-generationale Trauma-Verarbeitung und die philosophische Reflexion über die Wiederkehr des ewig Gleichen. Und zu guter Letzt, als krönender Abschluss, trotz fortbestehender Ausgangssperre in Indien ein grenzüberschreiendes musikpädagogisches Projekt, das bei allen Einschränkungen ein positives Signal sendet: Schwierigkeiten sind dazu da, überwunden zu werden.
Wir sind begeistert! Was hier in acht Wochen zusammenkam, zeigt aufs eindringlichste, wie lebendig und vielfältig die aktuelle Kunst ist – auch jenseits der großen Häuser, die den Löwenanteil der staatlichen Fördergelder einstreichen. Wie schnell KünstlerInnen auf neue, unvorhergesehene Herausforderungen zu reagieren imstande sind. Auch wenn das, was wir hier zeigen konnten, nur ein winzig kleiner Ausschnitt von all dem sein kann, was sich unter gleich welchen Umständen insgesamt in acht Wochen ereignet. Respekt und Dank an alle beteiligten KünstlerInnen: Kontext schließt mit einer tiefen Verneigung.
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Joe Bauer
am 20.05.2020