War es womöglich nur eine Finte, um mehr Aufmerksamkeit auf die Multihalle zu lenken? Vor drei Jahren entschied der Mannheimer Gemeinderat mit großer Mehrheit, die denkmalgeschützte Konstruktion von Frei Otto abzureißen, falls nicht andere für den Erhalt aufkommen und Millionenbeträge spenden würden. Damit stand es kurz vor dem Abriss, eines der bedeutendsten Werke im schmalen Oeuvre des Architekten, der im Jahr zuvor noch den Pritzker-Preis erhalten hatte – den angesehensten Architekturpreis der Welt und den letzten, der ihm in seiner Sammlung noch fehlte.
Wenn es sich bei diesem Beschluss tatsächlich um einen Coup gehandelt haben sollte, wäre dieser gelungen: Die "Sleeping Beauty" – so der Titel einer Ausstellung, die sich der Multihalle vor einem Jahr auf der Architekturbiennale von Venedig widmete – die schlafende Schönheit findet wieder Beachtung. Auch internationale Aufmerksamkeit ist ihr gewiss. Und der Mannheimer Oberbürgermeister Peter Kurz sowie Baubürgermeister Lothar Quast (beide SPD) scheinen sich, wie jüngere Stellungnahmen zeigen, durchaus der Bedeutung des Bauwerks bewusst zu sein, das im Zuge der Bundesgartenschau 1975 im Norden der Stadt entstand.
Die Mannheimer Gemeinderäte, in der Mehrheit von wenig Architektur-Sachverstand getrübt, vermittelten bisher glaubhaft den Eindruck, sich schlichtweg die Ausgaben für den Erhalt der Multihalle sparen wollen. Wörtlich hieß es in dem Beschluss: "Die Generalsanierung bzw. Wiederherstellung der Konstruktion (inkl. Planung) ist mit einem Mindestaufwand von ca. 11,6 Mio. Euro und den weiteren Risiken im Bauverlauf durch die Stadt Mannheim nicht tragbar und zumutbar." (Kontext berichtete)
Ideenarmut im Rathaus
Es geht aber noch weiter: "Hinzu kommt, dass neben dem Erhalt des architektonischen Erbes von keiner Seite eine überzeugende Nutzungskonzeption vorgelegt werden konnte." Keine Konzepte, von niemandem? Wie kann das sein? Es sei ins Gedächtnis gerufen, was der Architekturkritiker Manfred Sack 1975, zur Eröffnung der Multihalle, in einem "Zeit"-Artikel mit dem Titel "Das Wunder von Mannheim" geschrieben hat: Es handle sich um "eine Halle für so ziemlich alles: für Ausstellungen und Auktionen, Sommerfeste und Winterbälle, für Pop-Konzerte und Sportwettkämpfe, Wahlen und den Zirkus, für Tiraden und Gesänge".
1 Kommentar verfügbar
Jue.So Jürgen Sojka
am 19.06.2019Diesen Umgang kennen wir in STUTTGART doch zur Genüge mit vielfältigen Bau-Denkmalen ... von den Einfältigen Zerstörung gewollt:
Cannstatter Holzbrücke…