Bartning war einer der wenigen, die das "Dritte Reich" halbwegs unkompromittiert überstanden, eben weil er in dieser Zeit fast nur Kirchen gebaut hat. Das Franz-Rohde-Haus in Karlsruhe steht für seine Haltung: keine Anbiederung an nationalsozialistischen Prunk und Pomp, ein unaufdringlicher Bau für einen sozialen Zweck. Mit Walmdach und Fledermausgauben, teils rundbogigen Sprossenfenstern und Fensterläden führt der Architekt eine Karlsruher Traditionslinie weiter, die von Friedrich Weinbrenner bis zu seinem Lehrer Friedrich Ostendorf reicht. Modern wirkt dagegen die zurückhaltende Asymmetrie. Von einer Loggia im zweiten Obergeschoss fällt der Blick auf die herrlichen alten Parkbäume.
Die <link http: www.rettet-franz-rohde-haus-karlsruhe.de iproc.php _blank external-link>Begründung des Denkmalamts hebt die Bemühung des Auftraggebers zur "Schaffung eines sorgenfreien und preiswerten Unterkommens für minderbemittelte, teils auch mittellose Volksgenossen und Volksgenossinnen" hervor, wie es 1937 im Förderantrag des ursprünglichen Betreibers, des Wichernbunds hieß, "die, wenn sie in eigenem Haushalt leben müssten, darben würden". Zum Bau selbst heißt es: "Form und Funktion entsprechen sich in besonders gelungener Weise, indem der Wohntrakt auf dem Grundstück zurückgesetzt wurde und so ein auf der Südseite gelegener, parkartiger Garten für die Bewohner entstand."
Die Bäume sind auch durch die Karlsruher Baumschutzsatzung (BSchS) geschützt. Ein Gutachter im Auftrag der Stadtmission musste sich daher ziemlich verrenken, um zu dem Ergebnis zu gelangen: "Gemäß § 6 Absatz 1 BSchS kann bzw. muss eine nach § 3 BSchS verbotene Handlung aber erlaubt werden, wenn der Schutzzweck der Satzung hierdurch nicht erheblich beeinträchtigt wird." Eine Nachfrage im Landesdenkmalamt bestätigt jedoch, dass auch der Park Bestandteil des Baudenkmals ist.
Kulturdenkmale pflegen – soweit zumutbar
Das <link http: www.landesrecht-bw.de jportal portal t a9v page bsbawueprod.psml action _blank external-link>Denkmalschutzgesetz des Landes hält fest: "Ein Kulturdenkmal darf nur mit Genehmigung der Denkmalschutzbehörde zerstört oder beseitigt werden." Allerdings heißt es in Paragraf 6: "Eigentümer und Besitzer von Kulturdenkmalen haben diese im Rahmen des Zumutbaren zu erhalten und pfleglich zu behandeln." Was zumutbar ist und was nicht, ist Auslegungssache. Wenn der Besitzer glaubhaft machen kann, dass ihn der Erhalt teurer kommt als Abriss und Neubau, läuft es in der Praxis freilich allzu oft auf Abriss hinaus.
Zwar heißt es auch: "Das Land trägt hierzu durch Zuschüsse nach Maßgabe der zur Verfügung stehenden Haushaltsmittel bei." Wie viel Haushaltsmittel zur Verfügung stehen, sagt das Gesetz indes nicht. Es gibt Fälle, in denen entschieden wurde, dem Besitzer könne der Erhalt nicht zugemutet werden, weil er mit einem Neubau höhere Einnahmen erzielen kann. Wenn der Bestandsbau das Grundstück nicht maximal ausnützt, steht in diesem Fall der Denkmalschutz nur noch auf dem Papier. Das Franz-Rohde-Haus wäre hier kein Einzelfall.
Besonders pikant ist, dass das Otto-Bartning-Archiv der TU Darmstadt im kommenden Jahr die erste große <link http: www.wuestenrot-stiftung.de otto-bartning-ausstellungs-und-publikationsprojekt _blank external-link>Bartning-Retrospektive plant, die nach einer ersten Station in der Berliner Akademie der Künste auch nach Karlsruhe kommen soll. "Und wenn wir dann eine Abteilung einrichten müssten in der Ausstellung, um zu zeigen: hier stand einmal das Franz-Rohde-Haus" – dies würde Meinrad von Engelberg vom Bartning-Archiv <link http: www.swr.de swr2 programm sendungen journal die-stadt-karlsruhe-plant-abriss-eines-otto-bartning-gebaeudes-architekturdenkmal-in-gefahr id="659282/did=17418316/nid=659282/iyueqj/index.html" _blank external-link>gerne vermeiden.
2 Kommentare verfügbar
Deitrich HeiÃenbüttel
am 11.08.2016ein paar Kleinigkeiten zur Klärung: Nicht die Untere Denkmalschutzbehörde, sondern das Baurechtsamt hat die Abrissgenehmigung erteilt. Ohne Zustimmung des Landesdenkmalamts, das bei einem Baudenkmal gefragt werden müsste. Sie sprechen die Frage der Zumutbarkeit an.…