Manche Mieter des Bau- und Wohnungsvereins (BWV, auch als Eduard-Pfeiffer-Stiftung bekannt) finden ihren Vermieter richtig gut. "Es gibt auch Investoren, die sich auf die Fahne geschrieben haben, niedrige und mittlere Einkommen zu bedienen", schreibt ein Kommentator auf der Beteiligungs-Website zum Stuttgarter Rosensteinquartier: "Ich wohne in einer Wohnung der Stiftung, und ich sehe hier, dass die Stiftung auch mit den vergleichsweise günstigen Mieten offenbar gut wirtschaften kann. Sie zahlt ihre Angestellten, reinvestiert in Wohnraum, und unsere Wohnung ist top in Schuss! Es ist also wirtschaftlich möglich."
Doch nicht alle Mieter des BWV sind in einer so glücklichen Lage. Einige Häuser in der Klingenstraße im Stuttgarter Osten, um 1930 erbaut, sind vor Kurzem der Abrissbirne zum Opfer gefallen – <link http: www.kontextwochenzeitung.de gesellschaft aus-der-wohnung-gedraengt-2479.html internal-link-new-window>Kontext hatte berichtet. Dabei hatte <link http: www.mieterinitiativen-stuttgart.de content g13-004_bauzustandsbericht_2014-04-06.pdf external-link-new-window>ein von den Mieterinitiativen beauftragter Gutachter festgestellt: "Bei den Untersuchungen des Bauzustandes ergaben sich keine Anhaltspunkte, dass größere Beeinträchtigungen der Bausubstanz vorliegen."
Der im Kommentar angesprochene jüdische Bankier Eduard Pfeiffer war einer der reichsten Männer des Landes. 1866 gründete er den "Verein für das Wohl der arbeitenden Klassen" und errichtete ab 1891 die Kolonie Ostheim, eine der ersten Arbeitersiedlungen der Stadt. Südheim, Westheim, Altstadtsanierung und Ostenau folgten: alles in allem rund 2000 Wohnungen. Als Pfeiffer 1921 kinderlos verstarb, vermachte er der nach ihm benannten Stiftung sein gesamtes Vermögen.
Bis heute entspricht es dem Selbstbild des BWV, mit rund 5000 Wohnungen der zweitgrößte Vermieter in Stuttgart, "bezahlbare und provisionsfreie Mietwohnungen" bereitzustellen. Und doch will er nun auch in Botnang drei Häuser mit 48 Wohnungen abreißen, die 1927 in Verlängerung der denkmalgeschützten Siedlung Westheim erbaut wurden und zu den preiswertesten in Stuttgart gehören.
Mieterfreundlich sieht anders aus
Fast alle Mieter sind ausgezogen, nur zwei haben sich geweigert, geklagt und nun beide recht bekommen. Zwischenzeitlich hat die Stadt 26 Wohnungen angemietet, um dort 130 Flüchtlinge unterzubringen. Die übrigen 20 befinden sich angeblich in einem unvermietbaren Zustand. Der BWV, früher Bau- und Wohlfahrtsverein, will allen Häusern nur noch eine "Restlaufzeit" von zehn bis fünfzehn Jahren zugestehen. Ein aberwitziges Argument: Wenn Häuser nur 100 Jahre halten würden, müsste auch die Weißenhofsiedlung jetzt abgerissen werden – von ganzen Altstädten zu schweigen. Die Richter sind nicht überzeugt.
5 Kommentare verfügbar
Schwabe
am 19.06.2016