Es geht um Geld. Viel Geld. Für 4,45 Millionen Euro hatte das Unternehmen Widmann Immobilien das Grundstück im August 2015 zum Verkauf angeboten. "Allerdings kann ich Ihnen leider aufgrund einer unterzeichneten Verschwiegenheitserklärung den Käufer des Grundstücks Stand heute nicht benennen", gesteht Willwersch nun, der das Objekt, Stand 11. April, von seiner eigenen Homepage allerdings noch nicht gelöscht hat.
Viele Leser reagierten entsetzt. "Ich muss gestehen, ich hatte das nicht auf dem Schirm", schrieb Landtags-Vizepräsidentin Brigitte Lösch, die sich bereit erklärte, zu sondieren, ob sich nicht doch noch etwas machen ließe. Zu spät, wie sich nun herausstellt. 2012 hatte die Enkelin des Künstlers das Grundstück verkauft, nachdem das Landesdenkmalamt skandalöserweise das frühe anthroposophische Künstlerhaus für nicht denkmalwürdig erklärt hatte. Bemühungen im Hintergrund, privates Kapital zu mobilisieren, nachdem die öffentliche Hand untätig geblieben war, blieben ohne Erfolg.
Damit verliert Stuttgart ein einzigartiges Objekt von einem der bedeutendsten Künstler der klassischen Moderne, die in der Stadt gewohnt haben. Ein wichtiger Teil des Nachlasses befindet sich in der Staatsgalerie, die den fantastischen Architekturzeichnungen allerdings seit 1988 keine größere Aufmerksamkeit mehr gewidmet hat. Der Rest ist nach wie vor kaum aufgearbeitet und befindet sich im Besitz der Erbin.
21 Jahre zuvor wäre Oskar Schlemmers letztes Wandbild "Familie", 1940 angefertigt im Privathaus des Verlegers Dieter Keller in Stuttgart-Vaihingen, beinahe ebenso der Abrissbirne zum Opfer gefallen. Der Galerist Freerk Valentien hat es 1995 in letzter Minute von der Wand abgenommen und unter dem Titel "Gerettet" in seiner Galerie erstmals öffentlich ausgestellt. Der Schlemmer-Enkel Raman betrachtete allerdings bereits die Entfernung aus dem ursprünglichen Kontext als Zerstörung, was damals sogar dem Nachrichtenmagazin "Der Spiegel" einen dreiseitigen Artikel wert war.
2 Kommentare verfügbar
Horst Ruch
am 17.04.2016Baukultur, nein Danke. Viel gehört ......gibt es doch auch hier über dieses Thema an genügend vielen Vortragsreihen teilzunehmen...... nichts verstanden. Stuttgarts eigentliches Markenzeichen ist "Zerstörung", gefeiert mit dem jeweiligen OB auf dem Bagger. "Stuttgarter Baggerbisse" wären ein Eintrag ins Guinessbuch der Rekorde wert.
A propos Denkmalamt: seit knapp 20 Jahren nur noch ein zahnloser Tiger im Käfig des RP, dem Wirtschaftsministerium unterstellt, ganz unten, zwar mit Steuergeld bezahlten Beamten besetzt, deren Aufgabe darin besteht, jegliches Problem möglichst geräuschlos durchzuwinken.
Dies war eine der ausgetüftelten schwäbischen "Groß"taten unter Ex MP Teufel, die als lex S21 in die Analen der Geschichtsbücher eingehen müßte, vergleichbar mit der lex Schilda, wo bekanntlich auch erst nach Fertigstellung des Projektes die Planlosigkeit den Bürgern präsentiert wurde.
CharlotteRath
am 13.04.2016Vielleicht sollte man sie einmal sammeln, die Beispiele, wie hier mit historischem Erbe umgegangen wird?
So gab es auf Stuttgarter Gemarkung vor nicht allzulanger Zeit auch noch eine als Landeskulturdenkmal gelistete Dampfmaschine. Prominent lächelnd für die Zeitungsblätter saß im Abrissbagger ... der damalige OB Schuster. In der anzeigengespickten Freude über die baldige schicke Neubebauung war allerdings diese Dampfmaschine den selbst ernannten Qualitätsmedien der Landeshauptstadt keine Zeile wert.