Der Besitzer fackelte nicht lang: Ganze sechzehn Tage nachdem <link http: www.kontextwochenzeitung.de kultur zum-abriss-freigegeben-3525.html internal-link-new-window>Kontext über das Haus des Künstler-Architekten Hermann Finsterlin im Stuttgarter Stadtteil Frauenkopf berichtete, ist davon nur noch ein Scherbenhaufen übrig. Das Objekt gehört allerdings nicht mehr wie angegeben der Immobiliengesellschaft W2 Development. Wie der Architekt Stefan Willwersch als Miteigentümer des Unternehmens schreibt, "möchte ich Ihnen korrekterweise mitteilen, dass wir seit Januar diesen Jahres nicht mehr Eigentümer dieses Grundstücks bzw. dieser Immobilie sind. Insofern möchte ich Sie bitten, weitere Namensnennungen in diesem Zusammenhang zukünftig entsprechend zu korrigieren."
Es geht um Geld. Viel Geld. Für 4,45 Millionen Euro hatte das Unternehmen Widmann Immobilien das Grundstück im August 2015 zum Verkauf angeboten. "Allerdings kann ich Ihnen leider aufgrund einer unterzeichneten Verschwiegenheitserklärung den Käufer des Grundstücks Stand heute nicht benennen", gesteht Willwersch nun, der das Objekt, Stand 11. April, von seiner eigenen <link http: www.willwersch.com aktuelle-projekte external-link-new-window>Homepage allerdings noch nicht gelöscht hat.
Viele Leser reagierten entsetzt. "Ich muss gestehen, ich hatte das nicht auf dem Schirm", schrieb Landtags-Vizepräsidentin Brigitte Lösch, die sich bereit erklärte, zu sondieren, ob sich nicht doch noch etwas machen ließe. Zu spät, wie sich nun herausstellt. 2012 hatte die Enkelin des Künstlers das Grundstück verkauft, nachdem das Landesdenkmalamt skandalöserweise das frühe anthroposophische Künstlerhaus für nicht denkmalwürdig erklärt hatte. Bemühungen im Hintergrund, privates Kapital zu mobilisieren, nachdem die öffentliche Hand untätig geblieben war, blieben ohne Erfolg.
Damit verliert Stuttgart ein einzigartiges Objekt von einem der bedeutendsten Künstler der klassischen Moderne, die in der Stadt gewohnt haben. Ein wichtiger Teil des Nachlasses befindet sich in der Staatsgalerie, die den fantastischen Architekturzeichnungen allerdings seit 1988 keine größere Aufmerksamkeit mehr gewidmet hat. Der Rest ist nach wie vor kaum aufgearbeitet und befindet sich im Besitz der Erbin.
21 Jahre zuvor wäre Oskar Schlemmers letztes Wandbild "Familie", 1940 angefertigt im Privathaus des Verlegers Dieter Keller in Stuttgart-Vaihingen, beinahe ebenso der Abrissbirne zum Opfer gefallen. Der Galerist Freerk Valentien hat es 1995 in letzter Minute von der Wand abgenommen und unter dem Titel "Gerettet" in seiner Galerie erstmals öffentlich ausgestellt. Der Schlemmer-Enkel Raman betrachtete allerdings bereits die Entfernung aus dem ursprünglichen Kontext als Zerstörung, was damals sogar dem Nachrichtenmagazin "Der Spiegel" einen dreiseitigen Artikel wert war.
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Horst Ruch
am 17.04.2016