Vermutlich, weil du bei deiner VfB-Liebe ordentlich was aushalten musst. Hier die Liste der Zumutungen, jetzt nur mal aus dem letzten Monat: Woltemade weg. Undav verletzt. Dafür Vagnoman noch da. Und der Karazor, was ist denn in den gefahren? Fehlstart gegen Union. Neulich sogar gegen Baden verloren. Und der Hoeneß, der uns aus "all der Sch…" herausgeholt und endlich wieder auf die Reise geschickt hat (Europapokaaaal!), der soll sich gefälligst auch hinterfragen.
Zugegeben, das war jetzt Insider-Gebruddel aus dem Meckerstadion. Zusatzinformation für fußballferne Menschen: Als VfB-Fan erkennst du besser, was schiefläuft. Du bist ja schon lange genug dabei. Brustring im Herzen und so. Du kennst die Tradition. Selbstverständlich wärst du der bessere Trainer (Manager, Torwart, Platzwart …). Wer soll sonst wissen, wohin der Hase läuft auf dem Rasen, wenn nicht du? Leider meistens dorthin, wo der Führich gerade die Kugel verstolpert. Das weißt du als VfB-Fan schon vorher. Darum Lebenszufriedenheit nur 7 von 10 Punkten. Maximal. Da muss man der Studie schon recht geben.
Sag nicht Fan zu mir
Das sind ja auch die Gründe, warum es viele nicht mögen, als Fan bezeichnet zu werden. Weil: Es gibt ja solche und solche. Und auch solche Besserwisser, mit denen du besser nicht in einen Topf geworfen werden willst – also die, die sich nebenher bereits als Bundestrainer qualifiziert haben, damals, als Not am Mann war, als Corona-Koryphäen auftraten und jetzt, nachdem sie verrentet wurden, ehrenamtlich die Sprachpolizei unterstützen, um Gendersternchen zu verpetzen und andere neuzeitliche Errungenschaften wegzucanceln. Das muss ich zugeben, solche Fans gibt’s halt nunmal. Diese Universalexperten (absichtlich nicht gegendert) leiden aktuell unter extremem Liebeskummer. Manche benehmen sich heute noch, als würden sie mit ihren Mistgabeln den Württembergischen König verteidigen. Wegen dem alt-württembergischen Motto.
Das kannst du dir kaum vorstellen: Die VfB-Kommunikation hat ihren Slogan "Furchtlos und treu" ausgewechselt. Endlich. Und weil der VfB seine königstreuen Pappenheimer kennt, bestand der weiß-rote Plan ursprünglich darin, den ollen Spruch durch die Hintertür zu verabschieden. Aber das ging schief. Den Traditionswächtern entgeht nichts. Bitte nicht falsch verstehen: Grundsätzlich ist im Fußball-Zusammenhang gegen Tradition nichts einzuwenden. Aber man muss ja nicht ausgerechnet den völkischen Ramsch von damals vor sich hertragen, so militärische Leitsprüche wie "Furchtlos und treu". Nebenbei bemerkt: Das Motto aus Napoleons Zeiten hatte man beim VfB erst vor zehn Jahren eingeführt. So gesehen hat es weniger Tradition als Dosenball Leipzig.
Zurück – oder doch lieber voran?
Damals, also 2014, dachte man beim VfB offenbar, Fans wären Untertanen. Die sollen sich gefälligst treu ergeben und furchtlos spuren. Grad so wie einst, als sie von absolutistischen Herrschern an die Front geschickt wurden. Als wäre Fußball eine andere Form von Krieg. Drum ist der Spruch bei den Nazis aufgetaucht – und später bei einer ultrarechten Schlägertruppe aus der Region. Was schlussendlich dazu geführt hat, dass der VfB eingesehen hat: "Furchtlos und treu" war nicht unbedingt die beste Idee seiner Vereinsgeschichte. Vor allem weil der VfB von 2025 sich wirklich sehen lassen kann: Weiß-rote Inklusion ist selbstverständlich. Frauen im Brustring-Trikot spielen zweite Bundesliga. Vielfalt bei Religion, Herkunft und sexueller Identität steht nicht auf einem staubigen Papier, das nur bei Festreden verlesen wird. Die Vielfalt im Brustring gibt’s tatsächlich! Die Einzigen, die noch meckern, sind halt diejenigen, die irgendwo zwischen erstem und zweitem Reich hängen geblieben sind.
Natürlich kannst du sagen: Der neue Slogan "Zusammen voran" ist nun auch keine Meisterschale voller überbordender Kreativität. Aber er passt halt. Sogar die Ultras singen seit Jahren, vom "Kollektiv, das hier die Macht hat". Und weißt du was: Wenn dann die alten Königstreuen meckern, "Zusammen voran", das höre sich an, als hätten es die Linken erfunden, dann gefällt er mir plötzlich ganz gut, der neue Slogan. Außerdem: Niemand Geringeres als die Süddeutsche Klassenlotterie hat wissenschaftlich bestätigt, dass gemeinsames Fußballgucken Liebe und Zusammenhalt verstärkt. Da passt doch "Zusammen voran" bestens. Das find' ich jedenfalls – als ausgewürfelter Marketing-Experte. Apropos: Falls du mal hörst, dass der VfB einen Manager, Pressesprecher, Trainer und Platzwart braucht, dann sag mir Bescheid. Ich kann jederzeit einspringen.
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