KONTEXT:Wochenzeitung
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Kaufen, kaufen, kaufen!

Kaufen, kaufen, kaufen!
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"Wenn's Arscherl brummt, ist's Herzerl gsund", wusste meine Omi Glimbzsch aus Zittau. Momentan reibt sich das Kapital die Hände, freut sich und lässt einen Kräftigen fahren auf die Moral.

Allenthalben werden die Geldpressen angeworfen, um die Banken zu bedienen - das Geld kommt direkt vom lieben Gott. Es ist Revolution auf dem Giermarkt. Keiner merkt's. Die lange Kaufnacht ist da. Durch die Nebelschwaden des Konsums wabert das Bild von einer sicheren Welt. Nur noch durchhalten bis zu den Wahlen! Aber was ist, wenn die Falschen drankommen? Dann ist der Ofen aus. Der eine Teil der Menschheit klammert sich an Angela Merkel wie an die Schwarze Madonna von Tschenstochau, der andere Teil spekuliert über die Partnerwahl im Berliner Dschungelcamp, wenn WIR gesprochen haben. Denn das WIR entscheidet.

Aber bis dahin gilt: Kaufen, kaufen, kaufen! Wir sind die Europas Wachstums-Lokomotive. Endlich mal wieder gute Nachricht von der Bahn. Schluss mit Gerüchten, nach denen aus den verstopfen Zugtoiletten der Siff in die 1. Klasse läuft. Natürlich will jeder, dass es anders läuft, besser gesagt: Dass die Richtigen drankommen. Aber die halten sich noch bedeckt. Damit wir nicht ratlos vor der eignen Urne stehen wie vorm verschlossenen Klo, wurde der Wahl-O-Mat erfunden. Er steht uns mit der Printausgabe von Kontext ab Ende August zur Verfügung und könnte - ganz ohne Spaß - die politischen Nebel vertreiben, aber uns auch neue Ängste einjagen. Das Apparätle sagt uns nämlich, welche der Parteien unseren persönlichen Vorstellungen, Wünschen und Zielen am ehesten entsprechen täte. Mein lieber Herr Gesangsverein - da könnte so mancher selbstbewusste Wähler seine Identität verlieren. Ein böses Erwachen, wenn wir feststellen, dass wir die ganze Zeit den Falschen hinterher gerannt sind.

Nehmen wir das Thema Steuer. Da läuft der Manipulationsapparat auf Hochtouren - die vereinigte Linke greift mit ihren giftigen Krallen in den Geldbeutel der kleinen Leute. Die ersten Verkäuferinnen aus der Königsstraße sehen sich in Panik bereits nach Fluchtwegen in die Schweiz um.

OK, das mit der Verkäuferin war etwas daneben. Heute muss der Staat im Einzelhandel jedes Jahr 1,5 Milliarden Euro Lohn aufstocken, weil die Gehälter der Kolleginnen in den Edelboutiquen niedriger sind als Hartz IV. 1,5 Milliarden - das sind über 20 Prozent der Lohnsumme. Damit subventionieren WIR die Besitzer von Aldi, Lidl oder C&A. Die nehmen's gern, hätten's aber am wenigsten nötig: Sie gehören zu den reichsten Familien Deutschlands und könnten es bleiben. Sie haben schon gewählt.

Übrigens: Das Wettern der Woche als Kurzversion auch als Film. Oben anklicken!


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Ausgabe 709 / Bedeckt von braunem Laub / bedellus / vor 1 Tag 51 Minuten
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