Urban unterscheidet nicht zwischen Homosexualität, Pädophilie und Pädosexualität; offensichtlich zielt er darauf, homosexuelle Menschen allgemein zu verunglimpfen und zu isolieren.
Man kann sich auf die Bösartigkeit natürlich einlassen – Frage: "Die Eltern können doch auch homosexuell sein und dann zu Hause die Kinder vergewaltigen?" Urban nach einer Pause: "Natürlich können sie das." Wenn er, nun ja, trotzdem dagegen ist, dass Eltern ihre Kinder auch mal von jemand anderem betreuen lassen, dann zielt er mit solchen Behauptungen möglicherweise darauf, dass letztlich die Mütter sich nonstop um ihre Kinder kümmern sollen. Dazu passt die Ablehnung vieler Verhütungsmittel wie die Pille, der Abtreibung, und in diese antifeministische Richtung geht auch seine Auffassung, dass Frauen weder kurze Haare noch Hosen tragen sollen.
Die BKZV predigt auch Antisemitismus
Eine zweite Gruppe, über die Urban sich in niederträchtiger Weise äußert, sind Juden. Urban zufolge ist laut der Bibel der ein Jude, der nicht äußerlich, sondern inwendig beschnitten sei, "die Bibel spricht davon, es geht um die Beschneidung am Herzen, aus biblischer Sicht […] aus Gottes Sicht ist ein Jude eigentlich jemand, der gläubig ist". Wir fragen sicherheitshalber nach: "Das heißt, dann wären Sie auch ein Jude?" Urban: "Ich meine aus geistlicher Sicht, ja, kann man das so sagen. Das ist natürlich nicht etwas, was ich sagen würde, ich bin Jude, weil jeder etwas anderes darunter versteht [hustet], also so nicht, natürlich sind wir Christen, logischerweise."
Ihm geht es um diejenigen, die sich selbst als Juden bezeichnen: In einer Predigt behauptet er, dass die Juden Gott nicht mehr gefielen und dass der Zorn Gottes über sie kommen werde. Der Grund sei, dass Juden "uns daran hindern, zu den Heiden zu reden, damit diese gerettet werden", die Juden hätten seinerzeit schon die Apostel davon abgehalten. Urban: "Das heißt, sie haben das Evangelium aktiv aufgehalten [...] Und selbstverständlich ist Gott zornig darüber." Das heutige Judentum bezeichnet er als "eine antichristliche Religion". Klassischer Antisemitismus.
Urban schlägt in die gleiche Kerbe wie Shamoon – der dafür vor Gericht muss – nicht nur, was die Abwertung mancher Menschen betrifft, sondern auch, was die Aufforderung zu staatlichen Gewalt- und Willkürmaßnahmen anbelangt: Er will, dass der Staat Homosexuelle umbringt: "Die Bibel lehrt klar Todesstrafe, das ist einfach nur ein Fakt, und auch in einer Demokratie sollte natürlich die Möglichkeit bestehen, die Meinung zu äußern, dass es eine Todesstrafe geben sollte, die selbstverständlich vom Staat durchgesetzt wird", fordert Urban. Gegen Homosexuelle, außerdem zum Beispiel Ehebrecher, Menschenhändler und Vergewaltiger.
Isolation innerhalb der Isolation
Die BKZW ist in Deutschland auch unter konservativen Christen isoliert. So bezeichnet etwa "idea", ein selbst theologisch überaus konservatives Medium, die BKZW nicht als "Kirche", sondern als "religiöse Gruppierung" und setzt die Selbstbezeichnung "Baptisten" in Anführungsstriche.
"Die BKZW möchte mit anderen Gruppen nichts zu tun haben", sagt Andreas Oelze, Weltanschauungsbeauftragter der Evangelischen Landeskirche in Württemberg. "Es gibt in Deutschland durchaus einen bibelfundamentalistischen Bereich", er zählt einige Beispiele auf, etwa den Prediger Lothar Gassmann und die Evangelisch-Reformierte Baptistengemeinde Frankfurt. BKWZ sei allerdings "völlig isoliert in dem sich ohnehin schon abgrenzenden Bereich".
Mehr noch, so Staatsanwalt Manuel Graulich: "Durch unterschiedliche Anzeigeerstatter gingen bei mehreren Polizeidienststellen Strafanzeigen ein, die sich auf Predigten bezogen, […] [es wurden] mutmaßlich volksverhetzende Inhalte, insbesondere gegenüber Homosexuellen sowie auch gegenüber Juden, verbreitet. In einer Predigt soll auch eine Tötung des Theologen Herrn Dr. Lothar Gassmann befürwortet worden sein." Dabei ist, wie Oelze erwähnt, Gassmann selbst ein Bibelfundamentalist.
"Baptisten" meint normalerweise die etwa 64.000 Menschen im Bund Evangelisch-Freikirchlicher Gemeinden (BEFG) in Deutschland, eine der klassischen Freikirchen wie etwa Methodisten oder Freie evangelische Gemeinden; und wie wohl die meisten Freikirchen sind sie tendenziell eher konservativer als der Durchschnitt der Landeskirchen, aber ihre Bandbreite reicht von streng evangelikal bis liberal. Urban bezeichnet sie in einer Predigt als "Flachpfeifen". Michael Gruber, Leiter der Kommunikation im BEFG, betont, dass sie nichts miteinander zu tun haben: Die Anfrage von Kontext zur BKZW sei "nicht die erste zum Thema", sagt er, schon "ganz früh, als bekannt wurde, dass die Sekte die Todesstrafe für Homosexuelle gefordert hat, haben wir einen Thread zum Distanzieren abgesetzt". Er bezeichnet die BKZW im Laufe des Telefonats mehrfach als "Sekte", was dort von sich gegeben werde sei "menschenverachtend". Auch der BEFG habe eine Gemeinde in Pforzheim, sagt Gruber, und die "Sorge vor Ort, da verwechselt zu werden, ist groß".
Dass so etwas wie die BKZW gedeihen kann, liegt auch an ihrem System. Laut dem Landesamt für Verfassungsschutz "lehnt die BKZW demokratische Willensbildung und Entscheidungsfindung grundsätzlich ab". Das klingt nach einer Nebensächlichkeit – kann sich eine Gruppe nicht intern strukturieren, wie sie will? Es ist aber ein höchst wichtiger Punkt. Urban wurde nach Angaben der BKZW "2016 durch die Predigten von Pastor Anderson gerettet", inzwischen hält Urban selbst Predigten in einer Gemeinde in Arizona. Deren Pastor heißt Steven L. Anderson und firmiert auch als "Pastor" der BKZW. Das klingt nach einer geschlossenen Gesellschaft und ist ein perfektes Setting für diktatorischen Missbrauch religiöser Macht.
Und wer genau gefährdet Kinder?
Konservative Christen neigen ohnehin zur Gruppenbildung: So studiert, wer Pastor werden will, eher nicht an einer Universität Theologie, sondern geht an eine evangelikale Hochschule. An so einer, der Freien Theologischen Hochschule in Gießen, hat Urban ein Semester studiert. "Das habe ich abgebrochen, ich bin da ein bisschen naiv rangegangen, das war circa ein Jahr, nachdem ich überhaupt gerettet wurde", sagt er, "dieses eine Semester […] war relativ sinnlos, um das ganz offen auszudrücken." Er habe viel mehr durch Predigten von Pastor Anderson gelernt, "die theologische Ausbildung, wenn man so will, also laut der Bibel, findet in der Gemeinde statt". Jemand, dessen Lehre mit der Bibel übereinstimmt, sei ein Empfehlungsbrief. Besser als ein Bachelor oder Master. "Unser Pastor Anderson predigt immer wieder jeden Mittwoch, Vers für Vers […] Es wird kein Kapitel ausgelassen und das ist die theologische Ausbildung."
So werden Anregungen von außen verhindert und Weiterentwicklungen abgeblockt. Für die nicht Froh-, sondern Drohbotschaft der BKZW wäre eine akademische Ausbildung ohnehin hinderlich: Besucht man die Website, steht dick und fett, weiß auf blau "Deutschlands Seelen Gewinnen" und darunter kann man wählen zwischen "Predigten schauen" und "Ewig leben", ein Klick auf Letzteres führt zur Frage: "Angenommen, Sie würden heute sterben… sind Sie sich zu 100% sicher, dass Sie in den Himmel kommen?" Diese Art der Mitgliedergewinnung lernt man nicht an der Universität.
Die Geschlossenheit betrifft allerdings vor allem eine eingangs erwähnte Gruppe, die im Verfassungsschutzbericht zur BKZV bislang keine Erwähnung findet: Kinder. Diese dürfen, so Urban, nicht fremdbetreut werden, und manchmal sind Kinder im Gottesdienst und müssen demnach volksverhetzende und indoktrinierende Predigten anhören. Was so etwas für Folgen haben kann, wird inzwischen erforscht. Erste Ergebnisse finden sich etwa in dem Buch "Sektenkinder. Über das Aufwachsen in neureligiösen Gruppierungen und das Leben nach dem Ausstieg" von Kathrin Kaufmann, Laura Illig und Johannes Jungbauer: Die Autoren haben erwachsene Aussteiger aus Sekten interviewt, und diese berichten von häufig gravierenden Einschränkungen, Belastungen und Traumatisierungen.
Vor solchen Gruppierungen müssen nicht nur ganz allgemein Demokratie und Gemeinwesen geschützt werden, nicht nur Juden und Homosexuelle und weitere "Minderheiten", sondern auch die Kinder von Menschen, die selbst zu solchen Gruppen gehören.
Transparenzhinweis: Die Autorin dieses Artikels war eine Zeit lang Mitglied in einer klassischen Freikirche.
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