Wer "Winnie" zu Gast hatte, konnte sicher sein, dass er gut zu den Menschen und den Dingen war. Er kochte leidenschaftlich gern, mit Vorliebe italienisch (Strangolapreti), spülte ab, goss die Blumen, reparierte Fliegengitter und wacklige Tische, denen er stabile Füße in Form von hölzernen Schuhen zurecht sägte. Wenn er allein in einem Haus in Italien Urlaub machte, konnte er darüber auch ausführliche Bulletins verfassen, damit die Gastgeber:innen daheim Kenntnis davon erhielten, dass alles in Ordnung war. Seine letzte Dokumentation an den Autor dieser Zeilen, geschrieben am 28. August 2022, endete mit dem Hinweis, dass er in wenigen Tagen wieder eine Krebs-OP habe, danach radioaktiv strahle, "passend zur Verlängerung der AKW-Laufzeiten". Er war damals 73.
Das Private war eben immer auch politisch, was wohl in seiner Grundannahme angelegt war, dass er zum Weltverbesserer geboren war. Irgendwas zwischen Marx und Missionar. Angefangen hat das in Oberschwaben, bei der Katholischen Jungmännergemeinschaft Weißenau/Ravensburg, weiter ging's beim SDS in Freiburg, danach zur Gruppe Internationaler Marxisten (GIM) in Berlin, bis zur PDS, für die er von 1994 bis 2002 im Bundestag saß, mit immer größerem Verdruss, weil er ihre "neoliberale Politik" nicht länger ertragen mochte.
Der radikale Sozialist blieb seiner Linie treu
Er sei ein radikaler Sozialist und Utopist, sagte Winfried Wolf von sich selber, das passte nicht mehr zur dogmatischen Linken, aber auch in keinen bürgerlichen Karriereweg, wie ihn Altkader wie Winfried Kretschmann, Reinhard Bütikofer und Ralf Fücks beschritten hatten, ohne rot zu werden. 2006 war er raus aus der PDS, raus aus dem Risiko, korrumpiert, seiner Überzeugung untreu zu werden. Von da an war er "parteilos glücklich".
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Thomas Müller
am 24.05.2023