"Was sind das für Zeiten, wo ein Gespräch über Bäume fast ein Verbrechen ist, weil es ein Schweigen über so viele Untaten einschließt", schreibt Bertolt Brecht in seinem Gedicht "An die Nachgeborenen". Wie aktuell der alte BB doch noch immer ist. Junge Menschen besetzten den Hambacher Forst bei Aachen, der für den Braunkohleabbau der RWE gerodet werden sollte. Im September 2018 rissen Hunderte von Polizisten die Baumhäuser ab. Im Oktober 2019 besetzten junge Menschen den Dannenröder Forst bei Marburg, einen 250 Jahre alten Dauer-Mischwald aus Buchen und Eschen, von dem 85 Hektar gerodet werden sollten für den Ausbau der Autobahn A49 und nach einem massiven Polizeieinsatz auch gerodet wurden.
Seit einem Jahr nun leben die "Aktivi" in ihren Baumhäusern im Altdorfer Wald im Kreis Ravensburg (Kontext berichtete). Ein Naturschutz-, ein Wasserschutzgebiet, teilweise auch ein "Sicherungsgebiet für oberflächennahe Rohstoffe" für die nächsten Generationen. Dennoch wird von einem undurchsichtigen Geflecht aus Kiesgewinnlern der Rohstoff für Asphalt, Beton und tonnenschweren Sichtschutz für geschmackvolle Eigenheime in diesem Staatswald abgebaut.
Die BaumbesetzerInnen werden kriminalisiert
Am 23. Februar war die Rodung eines neuen Geländes für das Kieswerk Tullius geplant. Vier Baumbesetzer verbrachten die Nacht in den Bäumen, mit schonendem Polypropylenseil hatten sie die Stämme miteinander verbunden. Am frühen Morgen kreisten etwa 40 Einsatzfahrzeuge der Polizei und des SEK das Waldgebiet ein, schirmten es von der Öffentlichkeit ab, sperrten die Landstraße 317. Ein Großeinsatz, wie er in den Gemeinden um den Wald noch nie erlebt wurde. Ein SEK, ein Spezialeinsatzkommando, wird üblicherweise bei Amokläufen, gegen hochkriminelle Clans und Terroristen angefordert. Die Bäume aber hatten vier unbewaffnete, friedliche Aktivisten besetzt, unter ihnen auch der Kletterer der ersten Stunde, der 20jährige Samuel Bosch, den sie durchsuchten, Klettergurt, Handy und 40 Euro Bargeld konfiszierten, wofür er keine Quittung bekam.
Die Aktivisten wurden "in polizeilichen Gewahrsam" genommen, die Besetzung an die Staatsanwaltschaft weitergeleitet und die Bäume gefällt.
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