Ein Funktionär einer Polizeigewerkschaft hat mal gesagt, Armin Bohnert sei charakterlich ungeeignet für den Polizeidienst. Beamte, die sich in Bohnerts Verein engagieren, sind oft nicht so gut gelitten. PolizeiGrün – das meint keine Gärtner in Uniform. Sondern Polizisten, die Mitglied der Grünen sind. 2013 haben sie in Baden-Württemberg einen Verein gegründet. Der hat sich zur Bundestagswahl klar gegen Hans-Georg Maaßen positioniert, setzt sich für Radfahrer und FußgängerInnen im fast nur für Autos ausgelegten Straßenverkehr ein, für eine Reform des Justizvollzugs und gegen die Kriminalisierung von KifferInnen. Die grünen Polizisten fordern von der Polizei generell mehr Bürgernähe und mehr Transparenz.
Bohnert erzählt im Gespräch, er habe schon jung eine gewisse "Nähe zu Blaulichtorganisationen" gehabt durch seinen Dienst bei der Freiwilligen Feuerwehr. Was es aber wirklich heißt, Polizist zu sein, sei ihm erst später klargeworden. "Auf was ist man denn nach der Ausbildung nicht vorbereitet?", fragt Stefan Siller. Bohnert: "Auf die Extremsituationen, auf menschliche Schicksale. Als junger Mensch hat man wenig Lebenserfahrung, wenig Erfahrung mit Tod, Schmerzen oder Trennung", sagt er. "Die erste Leiche vergisst man nicht."
Grüne seien bei der Polizei Exoten, erzählt Bohnert. "Viele Abgeordnete der AfD in Landesparlamenten und im Bundesparlament haben einen Polizeihintergrund, wahrscheinlich gibt es mehr Polizisten, die AfD wählen, als solche, die Grün wählen." Also haben die grünen Polizisten beschlossen, sich mit einem Verein "unabhängiger zu machen", sagt er. Er und seine Kollegen versuchen, Erfahrungen aus der Polizeiarbeit bei den Grünen einzubringen und grüne Einstellungen bei der Polizei. Man wolle Gräben und historisch bedingte Konfliktlinien aufweichen.
"Tut mir leid" wäre schon ein Anfang
Bohnert wünscht sich eine bessere Fehlerkultur bei der Polizei. Vorurteile müssten bearbeitet werden. Sensibilisierung sei das Zauberwort, sagt er, über Fälle sprechen, bei denen Falsches passiert. Hitlergrüße, rechtsextreme Chats – "haben Sie da persönliche Erfahrungen? Gibt's das in Freiburg auch?", fragt Siller. Da lacht Bohnert. "In der Zeitung stand, dass es auch in Freiburg eine verdächtige Chatgruppe gab, ich habe das bisher aber nicht erlebt." Dennoch: Alle mittlerweile öffentlichen Informationen zu diesen Themen seien immer nur bruchstückhaft. Deshalb fordern Bohnert und sein Verein den Einsatz von wissenschaftlichen Studien, um beispielsweise rassistische Strukturen in der Polizei aufzuzeigen. "Jeder Einzelfall wird verfolgt, aber er verschwindet aus dem Fokus und dem Gedächtnis. Um richtig an unseren Strukturen zu arbeiten brauchen wir ein Gesamtbild, das kann nur eine wissenschaftliche Untersuchung leisten. Alles andere sind nur Überschriften." Bei manchen Verfehlungen brauche es nicht gleich die große Keule der Vorgesetzten, sagt Bohnert. "Wir wären schon froh, wenn einer sagen würde: Okay, tut mir leid, da war ich oben raus in der Situation. Wenn man das hinkriegen würde, wäre dem Frieden schon etwas gedient."
Auch der Einsatz von Bodycams könnte zum Frieden beitragen, meint er, er sei ein Freund "der objektiven Video-Aufzeichnung von polizeilichem Handeln". Aber wie man Bodycams im Polizeigesetz verankert habe, als Abwehr von Aggression gegen die Polizei, das sei der falsche Weg gewesen.
Was würde sich Armin Bohnert wünschen? Antwort: ein unabhängiges Beschwerdewesen, unabhängige interne Ermittlungen, mehr Supervision für die Kolleginnen und Kollegen. Für all das, sagt der Polizist, brauche es aber Personal. Nutze ja alles nichts, "wenn wir keine Leute haben."
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Josef Tura
am 14.10.2021