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Brutal sicher in Langenargen

Brutal sicher in Langenargen
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In einer kleinen Gemeinde am Bodensee sind mehrere Sicherheitsdienste am Werk. Die fransen teilweise nach rechts aus.

Nach Halle fehlt es nicht an offiziellen Bekenntnissen, Gelöbnissen und Versprechungen von Bundespolitikern, namentlich des Inneren, die im Schnellbauverfahren eine Mauer gegen die Gefahr des Rechtsextremismus errichten sollen. Übrig bleibt allerdings die Frage, wie man über den Abgrund zwischen der bundespolitischen Verkündigungskultur und den kommunalpolitischen Realitäten hinwegkommt. Für den Beobachter des südöstlichen Baden-Württembergs wird dieser Transfer zur echten Herausforderung.

Es geht um Sicherheitsdienste. In der Bodensee- und Touristen-Idylle Langenargen (8000 Einwohner), einem "Kleinöd", einer skurrilen Kostbarkeit in der Diaspora, patrouillieren gleich mehrere davon. Mindestens einer ist der von der Kommune beauftragte und mithin aus Steuergeldern bezahlt – ergänzend, kompensierend oder gar das staatliche Gewaltmonopol substituierend?

Am Hafen gibt es beispielsweise einen gut sichtbaren Hinweis auf den Dienstleister Kahl Sicherheit Consulting GmbH, der dort, von der BMK Yachthafen Langenargen GmbH & Co. KG beauftragt, unterwegs ist. Das Ravensburger Sicherheitsunternehmen geriet vor wenigen Wochen in die regionalen Schlagzeilen. Es begab sich nämlich in Sigmaringen Anfang September 2019, dass Markus Halder für die Partei Alternative für Deutschland (AfD) in den Sigmaringer Kreistag gewählt wurde. Zur offiziellen Amtseinführung (mit Pressebild) erschien er in einem adretten Poloshirt. Das Bekleidungsstück trug gut erkennbar den Schriftzug "Kahl Sicherheit Consulting".

Dieser penetrante Tätigkeitshinweis des Kreisrats erhält besondere Brisanz durch die Tatsache, dass der Sicherheitsdienst Kahl unter anderem auch in der Sigmaringer Flüchtlingsunterkunft LEA (Landeserstaufnahmeeinrichtung) im Einsatz ist. Gemäß der regionalen Zeitungsberichterstattung hatte niemand – einschließlich der Leitung der LEA, des Regierungspräsidiums Tübingen, ja nicht einmal Norbert Kahl, Chef des gleichnamigen Sicherheitsdienstes – von diesen außerberuflichen politischen Tätigkeiten Halders gewusst.

So viel zum Thema der angeblichen Überprüfung von Mitarbeitern der Sicherheitsdienste durch die Behörden. Die kriegen ganz offensichtlich noch nicht einmal eine offizielle und öffentlich beworbene Kandidatur als Kreisrat für die AfD mit. Das Regierungspräsidium Tübingen erklärte sogar gegenüber der Presse ausdrücklich, dass Halders Beschäftigung in der LEA unter juristischen Gesichtspunkten "unbedenklich" sei. Er habe ja die Überprüfung des Ordnungsamts und eine Zuverlässigkeitsprüfung vom Landeskriminalamt bestanden, berichtete beispielsweise der Blog "allgäu rechtsaußen". Das Unternehmen Kahl Sicherheit hat sich nach Bekanntwerden des politischen Ehrenamts von Mitarbeiter Halder getrennt. Er befand sich dort noch in der Probezeit.

Es gibt noch ein anderes Problem rund um die LEA in Sigmaringen und dem dort beauftragten Sicherheitsdienst, das bisher aber noch nicht vollständig geklärt werden konnte. Es geht um den in Stuttgart gegründeten Verein Uniter e.V.. Nach Recherchen unter anderem der taz sollen sich dort Polizisten und Elitesoldaten teils als "Schattenarmee" zusammengeschlossen haben und sich auf den Zusammenbruch des Staates vorbereiten. Ansonsten verschaffen sich Uniter-Mitglieder untereinander auch Jobs bei, genau, Sicherheitsdiensten. Und unter dem Uniter-Label sei, so berichtete der Journalist und Neonazi-Experte Sebastian Lipp auf seinen Blog "Allgäu rechtsaußen", eben auch ein Mitarbeiter für die LEA in Sigmaringen gesucht worden. Norbert Kahl aber distanziert sich gegenüber Medien entschieden von "Gruppierungen wie Uniter".

Umtriebe "egal"

Dann gibt es, neben der Kahl Sicherheitsconsulting, noch die Firma CMS, ansässig in Langenargen. Und tätig für die Gemeinde. Langenargens Hauptamtsleiter Klaus-Peter Bitzer höchstpersönlich hatte dem Sicherheitsunternehmen im Internet eine Kundenreferenz mit ausdrücklichem Hinweis auf seine Funktion erstellt: "Ich fühle mich durch die professionelle Beratung des Geschäftsführs [sic] immer wieder in guten Händen. [...] Ich kann dieses Sicherheitsunternehmen wärmstens empfehlen, wenn Sie Kompetenz, Freundlichkeit und Sicherheit für Ihr anliegen [sic] suchen."

In dem Artikel "<Faustrecht> im Sicherheitsgewerbe" hat Allgäu rechtsaußen nachgewiesen, dass CMS-Sicherheit "Mitarbeiter aus dem Umfeld verbotener und militanter Neonazi-Gruppierungen beschäftigt". Der auch heute noch auf der Homepage des Unternehmens namentlich aufgeführte "Einsatzleiter" Rainer Butscher ist der ehemalige Gitarrist der Neonazi-Band "Faustrecht". Auch zu einem weiteren Mitarbeiter von CMS-Sicherheit lassen sich Verbindungen nach rechts nachweisen. Auf Nachfrage Lipps erklärte Christian Mair, Geschäftsführer von CMS-Sicherheit, die privaten Umtriebe seiner Mitarbeiter seien ihm "egal".

Die Gemeinde Langenargen hätte schon bei einem kritischen Blick auf die Webseite von CMS- Sicherheit stutzig werden können. Dass das Unternehmen dort in der Sparte "Detektei" auch sogenannte "Treuetests" anbietet, mag man ja noch durchgehen lassen. Die Tatsache jedoch, dass CMS-Sicherheit ohne Genehmigung zu Werbezwecken das Logo der Industrie- und Handelskammer Bodensee-Oberschwaben verwendete, müsste eigentlich zu einem drastischen Punkteabzug in der Kategorie Seriosität und Eignung als Vertragspartner einer Kommune führen. Zudem wirbt CMS-Sicherheit mit einer unwahren Kundenreferenz auf der Homepage: Der dort das Unternehmen lobpreisende Kleinunternehmer Andreas Rauscher ist weniger ein Kunde als der für die Erstellung der Webseite beauftragte externe IT-Dienstleister. Auf die Kundenreferenzen angesprochen, erklärt CMS-Sicherheit, von diesen Fälschungen nichts gewusst zu haben.

Hinzu kommt, dass Geschäftsführer Sascha Mair auf seinem Facebook-Account jahrelang eine Todesstrafe-Forderung für "Kinderschänder" – astreiner Nazi-Jargon! – duldete. Die gefälschten Kundenreferenzen, das nicht erlaubte IHK-Logo und der Ruf nach der Todesstrafe verschwanden erst nach Recherchen und der Veröffentlichung durch den Blog SatireSenf.de.

Keine Informationen, keine Transparenz

Sei's drum. Dafür herrscht unter Achim Krafft (CDU), dem Bürgermeister in Langenargen, offenbar brutal viel Sicherheit. Wie viele Sicherheitsdienste und welche in der Gemeinde Langenargen am Bodensee tatsächlich beschäftigt und beauftragt sind, bleibt geheim. Genauere Informationen lässt die extreme Gefährdungslage am Bodensee offenbar nicht zu, denn Fragen zu diesem Thema werden von der Gemeinde über eine Anwaltskanzlei beantwortet. Die teilt mit: "Wir bitten um Verständnis, dass unsere Mandantin solche Fragen aus Sicherheitserwägungen nicht beantworten kann, da ansonsten der Zweck der Beauftragung von Sicherheitsfirmen nicht uneingeschränkt erfüllt werden kann."

In der via Anwaltskanzlei erteilten Presseauskunft versichert die Gemeinde, dass sie "etwaige Hinweise auf verfassungsfeindliche Bestrebungen, kriminelle Aktivitäten und konkretes strafbares Handeln auch im Rahmen der Beauftragung von Sicherheitsfirmen sehr ernst nimmt, diesen nachgeht und erforderlichenfalls den zuständigen Behörden wie Polizei und Staatsanwaltschaft weiterleitet".

Von dem weiten Handlungsfeld mit vielfältigen Gestaltungsräumen weit vor der faktischen Strafbarkeit allerdings ist in der Antwort der Gemeinde nicht die Rede. Die Bürger und die Öffentlichkeit müssen dem Wortgeklingel glauben und sich auf diese Zusicherung verlassen. Keine Informationen, keine Transparenz. Es fragt sich, ob derlei Geflissenheitsadressen der Verantwortlichen in den Kommunen noch ausreichen. Nach Halle.


Karin Burger betreibt in Sauldorf den Blog "Satiresenf" und schreibt seit vielen Jahren mit spitzer Feder und wachem Auge über Oberschwaben.


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1 Kommentar verfügbar

  • Steiner
    am 07.11.2019
    Antworten
    Wer schützt uns die Bevölkerung vor diesen braunen Schutzmännern? Und wer schützt diese braunen Bewaffneten von offizieller CDU-Seite, um nicht gleich von der verfassungsschädigenden AfD zu reden?

    Wer schützt die Mitarbeiter dieser Firmen aus dem Umfeld verbotener und militanter…
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