Die Korntaler Heimkinder haben dafür gekämpft, dass ihr Leid beim Evangelischen Kirchentag in Stuttgart im Juni zum Thema wurde. Das ist ihnen gelungen. Sie kamen mit einem eigenen Stand und bei einer zentralen Podiumsdiskussion zu Wort. Doch seitdem fliegen die Fetzen. Es geht um den richtigen Weg der Aufarbeitung, die Rolle der Steuerungsgruppe unter der Leitung der Landshuter Erziehungswissenschaftlerin Mechthild Wolff und der darin sitzenden OpfervertreterInnen. Es geht um deren demokratische Legitimation, Transparenz und nicht zuletzt um den Umgang mit Spendengeldern. Etwa um die Bezahlung des Kirchentagstands.
Auf der einen Seite steht eine Gruppe Betroffener und die Opferhilfe, ein Unterstützerkreis Korntaler Bürger, darunter Uli Scheuffele, der in den 70er-Jahren als Zivildienstleistender in Korntal arbeitete. Auf der anderen Seite die drei Opfervertreter in der Steuerungsgruppe, darunter der inzwischen heftig umstrittene Detlev Zander, der mit seiner Klageandrohung den Stein ins Rollen gebracht hat, und deren Unterstützer. Und dazwischen ein tiefer Graben voll zerschlagenem Porzellan.
In den vergangenen fünf Monaten hat sich der Streit verselbstständigt, orchestriert durch emotionale Facebook-Ausfälle. Persönliche Scharmützel wurden zu Beleidigungen, führten zu Anzeigen und Denunziation. Der eine wurde beim Jobcenter angeschwärzt, der andere bei seinem Arbeitgeber. Opfertreffen wurde von der einen Gruppe anberaumt, von der anderen abgesagt oder nicht anerkannt, unliebsame Personen ausgeschlossen. Gemeinsame Beschlüsse gab es nicht mehr. Das muss geklärt werden. Schließlich wollte man einmal gemeinsam den Missbrauchsskandal in den Heimen der Evangelischen Brüdergemeinde in Korntal aufarbeiten.
Opferschlachten
Es ist nicht einzigartig, was derzeit in Korntal passiert. Auch in der Odenwaldschule haben sich die Opfer Schlachten geliefert. Und auch Matthias Katsch, der die sexuellen Übergriffe am Berliner Canisius-Kolleg öffentlich gemacht hat, weiß, wie belastend die Diskussion solch traumatischer Heimerlebnisse ist. "Es ist wichtig, dass die Institution den Betroffenen hilft, ihre Rolle wahrzunehmen", so Katsch <link http: www.kontextwochenzeitung.de gesellschaft der-perfekte-tatort-2931.html _blank external-link-new-window>bereits im Juni im Kontext-Interview. "Wenn nötig, brauchen wir eine weitere Person, die unter den Beteiligten schlichtet", greift Mechthild Wolff gegenüber Kontext diesen Gedanken auf, "mein Job ist es nicht, persönliche Fehden zu moderieren."
10 Kommentare verfügbar
Angelika Oetken
am 05.11.2015ist es möglich, abzuschätzen, wie viele Kinder in den Einrichtungen der Brüdergemeinde missbraucht wurden?
VG
Angelika Oetken