"Bon jour, Bildung", "Adios, Lohndumping", "Bye-bye, Burn-out" – drei von zehn flotten Parolen des Deutschen Gewerkschaftsbunds (DGB) zum 125. des 1. Mai. Zu 125 Jahren täglicher Auseinandersetzungen um Menschenwürde, Arbeit, gerechten Lohn, Arbeitszeit, Fünftagewoche, Kündigungsschutz, Kultur, Pressefreiheit. Immer verbunden mit Fortschritten, Niederlagen und steten Veränderungen der Arbeitswelt.
Der DGB will Kapital und Arbeit "zum Ausgleich bringen". Davon sind wir noch weit entfernt. Ein Blick auf die Brüder und Schwestern in Europa zeigt ein beträchtliches Gefälle, gar nicht zu reden von der Lage der Ausgebeuteten in Asien, Afrika und all den Schwellenländern, die die verlängernden Werkbänke unseres Wohlstands sind.
Das wird schwierig, wenn wir mit der DGB-Losung "Moin, moin, Mindestlohn" auf den Lippen aufwachen, ein "Ahoi, Mitbestimmung" dem Herrn Piëch zurufen und unsere türkischen Mitarbeiter mit einem erfrischenden "Fuck off, Rassismus" begrüßen. Und am Ende des Tages merken, dass es trotz Mindestlohn immer noch Austräger der "Welt am Sonntag" gibt, die nur Stücklohn und keine 8,50 Euro verdienen. Dass sich trotz Mitbestimmung die Eigentumsverhältnisse im VW-Konzern nicht geändert haben und die TV-Bilder von den vollen Booten im Mittelmeer und den Wohnstätten der Asylbewerber hier eine andere Wirklichkeit über Völkerverständigung lehren.
Die 35-Stunden-Woche ist glatt unter den Tisch gefallen
Zwischen erzielter und in 125 Jahren erkämpfter Teilhabe am Kapitalismus und nach wie vor mangelnder Gleichheit, Freiheit und Brüderlichkeit in Wirtschaft und Gesellschaft müssten wir resümieren: "Die Wut gewinnt an Boden." Wir müssten darauf verweisen, dass die Arbeiterbewegung die 35-Stunden-Woche glatt unter den Tisch fallen lässt. Kein Gewerkschafter mit dem Sonnenemblem ist zu sehen. Der ehemalige baden-württembergische IG-Medien-Chef Werner Pfennig – wegretuschiert? Dabei bleibt Arbeitszeitverkürzung – bei vollem Lohnausgleich – das Kernstück gewerkschaftlicher Arbeit für die zu erkämpfende Viertagewoche. Wo bleibt diese Parole?
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Roland
am 05.05.2015Nicht zu erkennen, daß der Ast, an dem man sägt, derselbe ist auf dem man sitzt, bedarf einer grenzenlosen Dummheit, einer…