KONTEXT:Wochenzeitung
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Wir gratulieren!

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Kontext ist nicht die erste Zeitung, die Josef-Otto Freudenreich mitgegründet hat – aber die beständigste. Mit der "Karlsruher Rundschau" war nach zwei Jahren Schluss. Den Versuch, den "Badischen Neuesten Nachrichten" etwas entgegenzusetzen, begrüßte damals Martin Hirsch, früherer Richter am Bundesverfassungsgericht: "Wer kontrolliert den Kontrolleur, wenn eine Monopolzeitung wie in Karlsruhe mangels Konkurrenz glauben kann, den alleinigen Anspruch auf Wahrheit zu haben?"

Das war im Mai 1982, seither hat sich das Problem der Pressekonzentration zugespitzt. Doch in diesen Krisenzeiten für die Branche bleibt das Projekt einer werbefreien und spendenfinanzierten Wochenzeitung stabil. Bevor Kontext im kommenden April 15 Jahre alt wird, gratulieren wir aber schon ihm: Am 23. Oktober wird Freudenreich 75 Jahre alt, weswegen wir in dieser Ausgabe einige Glückwünsche gesammelt haben. Lieber Josef, wir wünschen Dir nur das Beste!

Zu den Gratulanten zählt auch Roman Deininger von der "Süddeutschen Zeitung". Er schreibt, selbst von Freudenreich getriezte Grüne und Schwarze müssten zähneknirschend anerkennen, "dass den Mann die authentische Sorge um den regionalen Journalismus antreibt". Das beste Beispiel bietet wohl der Protest gegen Stuttgart 21, dessen fundierte Kritik am milliardenschweren Tiefbahnhof vor der Kontext-Gründung in den bestehenden Lokalblättern nur selten eine publizistische Plattform fand.

Die authentische Sorge um eine intakte Stadt dürfte auch das Bürgerbegehren "Bahnhof mit Zukunft" umtreiben (Kontext berichtete u.a. hier und hier). Drei Monate lang wurden Unterschriften gesammelt, um eine Bebauung der durch Stuttgart 21 freiwerdenden Gleisflächen zu verhindern. Lange Zeit sah es so aus, als ob die 20.000 benötigten Unterschriften nicht zusammenkommen. Kurz vor Ablauf der Frist am Abend des 15. Oktober konnten dann aber laut Initiator:innen 22.000 Stimmen abgegeben werden. Sie werden nun ausgezählt und auf Gültigkeit geprüft.

Für schwere ästhetische Verwüstungen sorgen indessen nicht nur die andauernden Stadtumgrabungsarbeiten im Zuge von S 21: Das Stuttgarter Stadtbild leidet unter Verwirrung stiftenden Schilderwäldern und kraterähnlichen Baugruben. Und wo Projekte fertig werden, entsteht seelenlose Investorenarchitektur.

Am Dienstag ist Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) eingeflogen worden, hatte aber keine Zeit, sich das Unheil genauer anzusehen; es ging vom Stuttgarter Flughafen direkt zum baden-württembergischen Staatsministerium in der Villa Reitzenstein und von dort aus flugs weiter nach Heilbronn. Hätte der CDU-Vorsitzende etwas Zeit zum Verweilen mitgebracht, hätte er sich davon überzeugen können, was es mit einer Stadt anrichtet, wenn man ihre Entwicklung der Logik des Profits überlässt. Dass es hier trotzdem lebenswert bleibt, liegt auch an den vielen Kulturen, die sich gegenseitig bereichern und das Stadtbild aufhübschen. Den "Humans of Stuttgart" ist aktuell eine Ausstellung im Stadtpalais gewidmet.

Saubere Technik

Wie eine Industriepolitik jenseits des Hoffens aussehen könnte und wie Baden-Württemberg dabei von klimaneutralen Produkten profitieren könnte, wird am heutigen Mittwoch im Esslinger Gewerkschaftshaus diskutiert. Mit dabei sind ab 18 Uhr der Landtagsabgeordnete Nicolas Fink (SPD), Max Czipf von der IG Metall Esslingen, Anja Schröder vom Cleantech-Start-up Cyclize und Gabriele Gühring, Prorektorin für Forschung und Transfer an der Hochschule Esslingen. Moderiert wird die Diskussion von Kontext-Redakteurin Gesa von Leesen.

Unsozialistische Ergebnisse

In realsozialistischen Staaten wie der DDR wurden Wahlen bekanntermaßen gerne so manipuliert, dass sie immer fast hundertprozentige Zustimmung hervorbrachten. Vielleicht war es also ein Freudscher Versprecher, als der Linken-Parteichef Jan van Aken am vergangenen Samstag auf der Bühne der Filderhalle in Leinfelden beim Parteitag der baden-württembergischen Linken ein "zehnstelliges Ergebnis" bei der Landtagswahl im März prognostizierte. Derzeit sind die Linken davon, auch von den eigentlich gemeinten zehn Prozent, noch ein Stück weit entfernt. Laut jüngster Prognose würden sieben Prozent der Wähler:innen ihr Kreuz bei ihr setzen. Aber: Der Wahlkampf habe ja noch nicht begonnen – und darin seien die Linken stark, meint van Aken. Mit einem Spitzentrio, allesamt junge Frauen unter 30, wollen sie erstmals den Sprung ins Landesparlament schaffen. Den Rücken dabei stärken soll ein neu gewählter Landesvorstand, die neuen Vorsitzenden sind die alten: Elwis Capece und Sahra Mirow – letztere erhielt bei der Wahl ohne Gegenkandidatur nur 63 Prozent der Delegiertenstimmen.

Diplomatie-Tagung in Heilbronn

Bereits mehrfach hat Kontext über die SPD-Initiative "Mehr Diplomatie wagen" berichtet (u.a. hier). Am kommenden Samstag, 25. Oktober richten Beteiligte aus Baden-Württemberg nun im Heilbronner Kulturzentrum Zigarre, Achtungstraße 37, eine Tagung aus. Los geht es um 11 Uhr, mit dabei sind bekannte Sozialdemokraten wie Ralf Stegner und Rolf Mützenich. Auch der grüne Verkehrsminister Winfried Hermann von der Initiative "Aufbruch zum Frieden" (Kontext berichtete) wird an einer Podiumsdiskussion teilnehmen.

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1 Kommentar verfügbar

  • Bedellus
    vor 3 Tagen
    Antworten
    Ja schade, dass das mit der Rundschau nur so kurz war. Aber schön!
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