Wieder ist es passiert, diesmal in Mannheim. Wieder ist ein Auto in Menschen gerast. Wieder sind Menschen schwer verletzt, zwei mussten ihr Leben lassen. Die Taten der vergangenen Monate lassen ein klares Muster erkennen. Doch das gemeinsame Band ist nicht die Herkunft der Täter, wie Konservative bis Rechtsextreme allzu gerne argumentieren: Der 40-jährige Alexander S., der unter dringendem Verdacht steht, in der Mannheimer Innenstadt Leid und Schrecken verursacht zu haben, war ein in Baden-Württemberg geborener Landschaftsgärtner ohne Migrationshintergrund, der in Ludwigshafen lebte. Nein, vielmehr sind die einzig erkennbaren Parallelen, dass immer ein Mann der Täter ist und die gewählte Tatwaffe ein typisch männliches Hobby: das Auto. Seit bekannt wurde, dass der Täter nicht ins Schema "krimineller Ausländer" passt, wird eine psychische Krankheit in einer Art schuldmildernde Erklärung herangezogen. Dass Alexander S. mehrfach vorbestraft ist, unter anderem wegen Hassrede und rechtsextremer Symbolik im Netz, wird einigen, die vermutlich schon zum erneuten Ruf nach "Remigration" ansetzten, nun entgehen – oder von diesen geflissentlich ignoriert werden.
Statt Messerverbotszonen sollte es ein Verbot von Männern in Autos geben, sagte schon am vergangenen Samstag, noch vor der Amokfahrt, der Kabarettist Jess Jochimsen bei einer Kundgebung des Stuttgarter Netzwerks gegen rechts. Viele der 1.200 Demonstrierenden dürfte der erschreckend große, wenn auch absehbare Erfolg der AfD bei der vorangegangenen Bundestagswahl auf den Schlossplatz getrieben haben. Frank Bsirske, früherer Verdi-Vorsitzender und Bundestagsabgeordneter für die Grünen, warnte vor der Gefahr der rechtsradikalen Partei. Seine Rede, handschriftlich verfasst, hat er für uns abgetippt.
Mehr als ein Tag im Jahr
An diesem Samstag, am 8. März, ist Internationaler Frauentag. Wem da zuvorderst Ehre gebührt, sind die Omas gegen rechts. 2017 gründeten sie sich in Wien, 2019 entstand der erste deutsche Ableger in Baden-Württemberg. Nun sind sie mit einer Kleinen Anfrage im Bundestag ins Visier der Unionsfraktion geraten. Susanne Scholl, eine der ersten österreichischen "Omas", blickt mit großer Sorge in die Zukunft.
Zum Frauentag würdigen wir in dieser Ausgabe Künstlerinnen aus dem vergangenen Jahrhundert, die Baden-Württembergs Kunstlandschaft geprägt haben, aber heute kaum bekannt sind. Dabei waren die Schülerinnen des Stuttgarter Malers Adolf Hölzel in den 1920ern durchaus erfolgreich – dass sie in Vergessenheit gerieten, daran waren die Nazis schuld. Im Gesundheitssystem dagegen arbeiten seit eh und je überwiegend Frauen. Zur aktuellen Tarifrunde des öffentlichen Dienstes streiken die Beschäftigten des Stuttgarter Klinikums. Drei Frauen, alle Verdi-Mitglieder und Feministinnen, erzählen in dieser Ausgabe von den Zuständen in der Krankenpflege.
Der Frauenanteil der deutschen Professorenschaft betrug 2023 nicht einmal 30 Prozent, bei Promotionen lag die Quote immerhin bei knapp 46 Prozent. Eva Gengler, Doktorandin der Wirtschaftsinformatik in Nürnberg, forscht mit feministischer Perspektive zur Entwicklung von Künstlicher Intelligenz. In einer Studie stellte sie fest, dass KI-Werkzeuge menschliche Vorurteile reproduzieren, Frauen und nicht-weiße Personen diskriminieren. Woran das liegt und was sie von KI in Kriegen hält, wie jüngst in Gaza genutzt, lesen Sie hier.
Aufrüsten durch Feiertagsverzicht
Apropos Krieg. Nach dem überwiegend als Eklat bezeichneten Gespräch zwischen dem ukrainischen Präsidenten Selenskyj und dessen US-Kollegen Trump im Weißen Haus kündigt Letzterer nun an, Waffenlieferungen in die Ukraine vorerst zu stoppen. Nun ist Europa im Zugzwang. Von einer "Ära der Aufrüstung" spricht EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen (CDU), die eine "Wiederaufrüstung Europas" mit insgesamt 800 Milliarden Euro bewerkstelligen will. Ob Europa realen Gefahren gegenüberstehe, sei nicht die Frage, sondern "ob Europa bereit ist, so entschieden zu antworten, wie die Situation es erfordert." In Deutschland standen zunächst 400 Milliarden Euro Sondervermögen – also neue Schulden – für die Bundeswehr im Raum. Nun einigten sich SPD und Union darauf, Verteidigungsausgaben oberhalb von einem Prozent des Bruttoinlandsprodukts aus der Schuldenbremse auszunehmen. Das entspreche, gemessen an der Wirtschaftskraft des vergangenen Jahres, Summen von über 43 Milliarden Euro. Hinzukommt ein Sondervermögen von 500 Milliarden für Infrastruktur. Nächste Woche soll der Bundestag in noch alter Zusammensetzung über die entsprechenden Anträge abstimmen. Grob gesagt: Deutschland will wieder mehr Panzer und Autobahnen bauen. Doch wie finanzieren? Danyal Bayaz, der grüne Finanzminister im Südwesten, hat da eine spannende Idee: Für eine "ausgewogene Lastenverteilung zwischen den Generationen" könne man ja einen Feiertag streichen oder eine neue Art von Soli-Zuschlag einführen. Aufrüsten zu Lasten der arbeitenden Bevölkerung also. Die Zukunft, sie wird ein Fest werden.
5 Kommentare verfügbar
Thomas
vor 3 WochenDie grassierende Gewalt der männlichen Bevölkerung ist offensichtlich.…