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Schlapphüte vs. Konfuzius

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Herrje, alles so teuer geworden. Butter. Benzin. Gas. Und jetzt auch noch die Weihnachtsgans! Bis zu 35 Prozent teurer als im vorigen Jahr, prophezeien Experten. Warum das alles? Genau: Der Ukrainekrieg ist schuld. Okay, die Vogelgrippe hat auch ihren Anteil. Aber vor allem der Krieg.

Dieser Krieg hat hierzulande immerhin zu der Einsicht geführt, dass es gefährlich sein kann, wenn die eigene Infrastruktur oder wichtige Produktion in die Hände autoritärer Staaten übergeben wird. Zum Beispiel Energie in russische oder Häfen und Chipfabriken in chinesische. So mehren sich mittlerweile die kritischen Stimmen zu China als Wirtschaftspartner. Ist ja auch nicht gerade ein demokratischer Staat und zudem einer, der seine Interessen ziemlich strategisch angeht (Kontext: China kauft). Wer weiß schon, was dessen Führung noch reitet zum Beispiel mit Blick auf Taiwan. Andererseits fällt es schwer, auf einen derart riesigen Markt (1,42 Milliarden Einwohner:innen) zu verzichten. Unsere Industrie will das jedenfalls nicht, wie die zwölfköpfige Wirtschaftsdelegation (u.a. VW, BMW, Siemens) beweist, die jüngst unseren Kanzler ins Lockdownreich der Mitte begleitete.

Für Wirtschaftsinteressen hat der Olaf Scholz ein offenes Ohr und so setzte der ehemals Erste Bürgermeister von Hamburg jüngst gegen alle Zweifel den Verkauf von Anteilen am Hamburger Hafen an die chinesische Reederei Cosco durch. Kam eher so mittel an. Nun aber scheint sich etwas zu ändern: Die Chipfabrik Elmos in Dortmund sollte eigentlich an die chinesische Firma Silex verkauft werden, was bis vor wenigen Tagen noch die Zustimmung von Wirtschaftsminister Robert Habeck fand. Doch nun klappt der Deal wohl doch nicht, berichtet unter anderem das "Handelsblatt". Am heutigen Mittwoch wird endgültig entschieden.

Dieses Scheitern wäre ein echtes Armutszeugnis für die chinesischen Propaganda-Einrichtungen, die Konfuzius-Institute. Die sollen eigentlich – nicht nur – hierzulande für ein positives Chinabild sorgen, wie unser Autor Jürgen Lessat recherchiert hat. Doch gegen Warnungen des Verfassungsschutzes vor Fabrikverkauf kommt selbst Konfuzius nicht an.

Apropos Fabrik: Angeblich ist der Bau der Brennstoffzellenfabrik von Cellcentric in Weilheim/Teck, für den eine deutliche Bevölkerungsmehrheit bei einem Bürgerentscheid stimmte, in trockenen Tüchern. Laut Stadtverwaltung gibt es klare Verkaufszusagen für 94 Prozent der notwendigen Grundstücke. Nun werde der Bebauungsplan vorbereitet, verkündet die Verwaltung optimistisch, vergisst allerdings, zu erklären, was mit den fehlenden sechs Prozent los ist. Aber die Stadt muss ja Optimismus verbreiten, hatte Cellcentric doch gedroht, sich einen anderen Standort zu suchen, wenn Weilheim nicht bald genug hinne macht.

In China würde der mit Sicherheit nicht sein, aber vielleicht in einem anderen Bundesland? Das wäre bitter für Baden-Württemberg, das ja gerne Weltmeister von allem Möglichen sein will, allein: Beim Verkehr und seinen Emissionen haben Winfried Kretschmann (Grüne) und Co. nicht allzu viel hinbekommen. Jetzt startet Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) einen neuen Anlauf und versucht, die Autofahrer zum Bahnfahren zu bewegen. Mal sehen.

Zu sehen ist übrigens ab Samstag die neue Gestaltung von Kontext. Wie die taz haben wir uns in der gedruckten Form ein neues Layout gegönnt. Der Designer findet es erwartungsgemäß gelungen. Wir hoffen, Sie auch.


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5 Kommentare verfügbar

  • Regine B.
    am 15.11.2022
    Antworten
    Seit Jahren lese und unterstütze ich Kontext in der Hoffnung auf kritischen und unabhängigen Journalismus. Seit einiger Zeit, insbesondere seit Beginn des Ukrainekriegs schwindet diese Hoffnung dahin. Das Editorial, das ja die Meinung der Redaktion zum Ausdruck bringt, samt dem Artikel von Lessat zu…
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