KONTEXT:Wochenzeitung
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Wenig sexy

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Als halbwegs linker Grüner hat man’s derzeit nicht leicht, und wenn man dann noch Verkehrsminister ist, wird’s besonders schwer. Winfried Hermann ist in dieser wenig kommoden Lage und entsprechend sauer. Wenn der Daimler-Boss Källenius und der ADAC weiter sind als seine Ampel-Grünen, dann ist der Hals dick, die Enttäuschung riesig und die Hoffnung begrenzt. Oder sagen wir’s mal so: Kontext-Redakteur Oliver Stenzel hat schon fröhlichere Gesichter gesehen. Sein Interview mit Hermann liest sich entsprechend.

Weniger verwundert zeigte sich der Minister über eine andere Nachricht vergangener Woche. Über die mutmaßliche Korruption bei Stuttgart 21. Erstaunt ist er eher über die Höhe, also die kolportierten 600 Millionen Euro. Da mal zehn Millionen, hier mal 30 Millionen, seien erwartbar gewesen. Auf jeden Fall ist Hermann auf die Antworten gespannt, die er eingefordert hat. Bisher hat die Deutsche Bahn nur "maximale Transparenz" angekündigt, was ihm immerhin ein leichtes Lächeln abringt. Ganz nebenbei: Auch Kontext wartet auf Transparenz, und das nicht erst seitdem sie der Spur des Geldes folgt.

Ja, ist alles grade nicht so sexy. Der Himmel ist grau, Corona nervt und ein kollektives Aufatmen haben wir auch nicht gehört, als das Ende von Verkehrsministers Andreas Scheuer besiegelt war. Anders als Sascha Lobo beim Maischberger-Talk. Aber vielleicht hat der nicht nur eine bessere Frisur, sondern auch bessere Ohren. Winfried Hermann jedenfalls kann diese Erleichterung nicht nachfühlen, wenn er in den Koalitionsvertrag schaut. Unsere Kolumnistin Elena Wolf ärgert sich, darin keine Aussage zu Sexkaufverbot zu finden. Und unsere Autorin Johanna Henkel-Waidhofer beklagt, dass sich in der Migrationsfrage fast alle Parteien wegducken. Doch halt – wir haben auch Good News für unsere LeserInnen:

Die bedrohten Bäume in Meßstetten, von denen Kontext-Redakteurin Anna Hunger in Kontext 555 berichtet hat, stehen noch und sind trotzig weihnachtlich mit Sternen geschmückt. Dass Journalismus gemeinnützig werden muss, ist auch bei den Ampelparteien angekommen und im Regierungsvertrag festgeschrieben. Gut so! Gut auch, dass unser Politcomic "Ökodiktator" auch in Hamburg aufmerksam gelesen wird: Baden-Württembergs grüner Finanzminister Danyal Bayaz outete sich im Interview mit der "Zeit" als Comic-Fan, und bekannte, bei der Lektüre des Ökodikators sogar gelacht zu haben. Unsere Autoren Peter Unfried und Björn Dermann hatten Ökodiktator Kretschmann in Folge 33 den Bayazschen Nachwuchs umgeschnallt. (Hier nachzulesen).

Und noch eine zumindest hoffnungsvolle Nachricht: Gegen die Firma Fysam in Steinheim, über die wir kürzlich berichtet haben, ermittelt die Staatsanwaltschaft Ellwangen. Es geht um mutmaßliche Schwarzarbeit. In die Wege geleitet wurde das vom Hauptzollamt Ulm, das die Zustände bei dem chinesischen Automobilzulieferer prüft. Schon vor Wochen hatten Fysam-Beschäftigte gegen die Zustände protestiert und berichtet, dass chinesische Mitarbeiter offenbar viel zu viel und auch am Wochenende arbeiten. Nun sind alle gespannt, was die Staatsanwaltschaft rauskriegt. Wir bleiben dran.


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1 Kommentar verfügbar

  • Reinhard Muth
    am 01.12.2021
    Antworten
    Die Bürger haben doch diesen Bundestag gewählt. DIE LINKE, die als einzige ein Garant für mehr Soziales ist, wurde Dank Dauerbeschuss von innen und außen abgestraft. Das Land hat jetzt die Regierung, die es gewählt hat. Warum dann in gleich vier Artikeln darüber Jammern?
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