Die roten Gewerkschaftsfahnen flattern, die Sonne strahlt zwischen Schäfchenwolken, es gibt frische Brezeln und Wasser. Vor dem Hauptquartier der Firma Fysam in Steinheim am Albuch haben sich um die 300 Frauen und Männer versammelt. Offiziell zum Warnstreik, weil die Tarifverhandlungen mit den Geschäftsführern Dirk Träger und Jun Sun stocken. Der Autozulieferer für Zierleisten und Dachrelingsysteme beliefert Kunden wie Audi, VW oder Daimler und gehört seit zweieinhalb Jahren zum chinesischen Fuyao Konzern, einem der größten Autoglashersteller der Welt. Dessen Eigentümer, der Milliardär Cho Tak Wong, kaufte die damals insolvente Firma SAM (Ex-Binder), versprach, alle Arbeitsplätze zu erhalten, höhere Löhne zu zahlen und zu investieren. Allgemeine Erleichterung machte sich breit, doch die Hoffnungen zerstoben rasch.
"Seit drei oder vier Jahren haben wir keine Lohnerhöhung bekommen", schimpft Akan Gencaga. Der 52-Jährige ist seit 21 Jahren bei der Firma. Schleifen und Polieren ist sein Job, eine körperlich anstrengende und dreckige Arbeit. 11,90 Euro bekommt er pro Stunde, plus ein Euro Staubgeld. "Und der Druck wird immer stärker. Wenn man mal eine rauchen geht, gibt es gleich eine Abmahnung." Warum verlässt er die Firma nicht? "Ich bin 52 Jahre alt, wo soll ich hier Arbeit finden?" Sein Kollege Yasar Tasdogan springt ihm bei: "Ich habe drei Kinder, dann gibt es plötzlich kein Urlaubsgeld – das geht nicht." Das einzige, was sich seit der Übernahme durch Fysam verändert habe, erzählen KollegInnen, seien die neuen Maschinen und Roboter. Ausreichende Absauganlagen für den Schleifstaub allerdings gebe es nicht.
3 Kommentare verfügbar
Andy
am 07.10.2021Wenn ihr zum Beispiel nach Ramstein in die Air Base kommt werdet ihr sehen das dies Amerikanischer Grund auf deutschem Boden ist.
Genau das Selbe spüren die Mitarbeiterin diesem Betrieb, nur anstatt mit Amerika hier mit China, es herscht…