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Alles alternativlos

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Reiner Zufall, dass es dieser Tage gleich zwei Jubiläen in Zusammenhang mit Stuttgart 21 gibt: Am 2. Februar jährt sich zum zehnten Mal die symbolische Anhebung eines Prellbocks im Stuttgarter Hauptbahnhof, die als Baustart für das Tiefhaltestellenprojekt gilt. Und am 3. Februar findet die 500. Montagsdemo gegen S 21 statt. Rückblickend irrten sich damals viele: Beim Prellbock-Event gingen Bahn und Projektpartner noch davon aus, 2019 sei alles fertig, der Bahnhof unter der Erde, der Bauarbeiten-Käs gegessen. Hat nicht geklappt. Und als an den Montagen im Laufe des Jahres 2010 regelmäßig Tausende, teils Zehntausende S-21-GegnerInnen zusammenkamen, da rechneten von den Protestierenden wohl nur wenige damit, dass es irgendwann 500 Demos werden würden: Entweder würde das Projekt vorher beerdigt oder der Protest. Auch so kam es nicht.

Zu dem, was Kontext 2018 anlässlich der 400. Montagsdemo über die Anfänge geschrieben hat, was diverse Protagonisten anlässlich des zehnjährigen Jubiläums rückblickend zu Protokoll gegeben haben, gibt es wenig hinzuzufügen – deshalb legen wir Ihnen hier diese Texte aus unserem Archiv noch einmal ans Herz. Mit dem Symbol-Baustart haben wir uns in den vergangenen Jahren nicht so häufig befasst; die Politiker und Funktionäre, die sich damals vor die Linsen der Fotografen drängten, sind größtenteils längst nicht mehr im Amt, ihre Prognosen zu Baufortschritt und Kosten wurden allesamt schon früh von der Realität überholt.

Doch als historische Dokumente sind die Bilder von damals interessant: Dieser inszeniert wirkende Optimismus in den Gesichtern der Projektbejubler, diese scheinbare Gewissheit, auf der Seite des Fortschritts, ach was, der Zukunft zu stehen. Nicht nur Inszenierung, sondern auch wirkliche Überzeugung, wie Arno Luik in einem Rückblick auf das Frühjahr 2010 verdeutlicht.

Als "Volkshochschule unter freiem Himmel" wurden die Montagsdemos wegen ihrer oft hochkarätigen Redner schon bezeichnet. Bei der 500. am 3. Februar trifft das ganz besonders zu: Moderiert von Sabine Leidig, Verkehrsexpertin der Linken im Bundestag, stehen neben Stadtflaneur Joe Bauer die beiden renommierten Verkehrswissenschaftler Hermann Knoflacher (2016 im Kontext-Interview) von der Technischen Universität Wien und Heiner Monheim vom Institut für Raumentwicklung und Kommunikation auf der Bühne. Leidig, Knoflacher und Monheim diskutieren im Anschluss an die Demo noch weiter: Ab 19.30 Uhr im Großen Saal des Stuttgarter Rathauses bei der Veranstaltung "Stuttgart: Verkehr verkehrt. Wege aus einer verfehlten Verkehrspolitik".

Geladen wurden die drei DiskutantInnen von der Stuttgarter Gemeinderatsfraktion "Die Fraktion" (ehemals SÖS-Linke-PluS). Deren Mitglieder Guntrun Müller-Enßlin und Hannes Rockenbauch beschäftigen sich momentan intensiv mit den Plänen für eine Opernsanierung in der Landeshauptstadt, deren Kosten mit einer Milliarde Euro beziffert werden. Äußere man leise Zweifel an der Angemessenheit dieser Summe, komme gleich das Totschlagargument, gegen Kultur überhaupt zu sein. Diese Verkürzung in der Diskussion kritisieren sie im Interview in dieser Ausgabe und plädieren vehement dafür, Alternativen zu prüfen. Wohin ein "Alternativlos"-Denken führt, sieht man ja. Bei Stuttgart 21.


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1 Kommentar verfügbar

  • Martin Hendrich
    am 05.02.2020
    Antworten
    Zweiter Stresstest für Stuttgart 21
    Bei der Freude über das 10jährige Jubiläum der Prellbockbeseitigung ist völlig untergegangen, dass zwei Tage später erfolgreich ein zweiter Stresstest für Stuttgart21 im Trockenschwimmverfahren durchgeführt werden konnte:
    Ein Kabelbrand hat bewiesen, dass das…
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