Irgendwann in seinem bewegten Leben hat es Heinz Ratz auch mal nach Pforzheim verschlagen. "Ja warum eigentlich ausgerechnet Pforzheim?", überlegt er. Letztlich war es die Liebe zu einem Mädchen, das in der Schmuckstadt Goldschmiedin lernen wollte. Ratz lebte dort im Bauwagen, "irgendwo am Rand", trat als Schauspieler im Stadttheater auf, und weil er Musiker suchte für eines der Bühnenstücke, rutschte er rein ins Musikerleben. Das war vor etwa dreißig Jahren, damals war er um die 20, plus minus ein bisschen.
Heute ist Heinz Ratz 50 Jahre alt, Sänger, Texter und Bassist der Band "Strom & Wasser", die er 2003 gegründet hat. "Ska-Punk-Polka-Randfiguren-Rock" spielen sie, und "das Extremste, was man unter der Rubrik 'Liedermacher' so eben noch bezeichnen kann". Alles bassorientiert komponiert, rauchig und treibend, mal extrem politisch, manchmal schwer sentimental, zwischendurch witzig und gut gelaunt. Mit seiner Musik tourt er zurzeit durch Deutschland, will 100 Konzerte in 100 Städten geben, um eine Million Euro zu sammeln für soziokulturelle, oft selbstverwaltete Jugendzentren in Sachsen, Thüringen und Brandenburg, jenen Bundesländern, die von der AfD und Rechtsradikalen ganz besonders gebeutelt sind.
Die Antifa hält den Kopf für die Bürgerlichen hin
"Gegenteil-Orte", so nennt Ratz diese Häuser, in denen er seit 30 Jahren auf den Bühnen steht. Orte, in denen es "quirlt", wo Geflüchtete willkommen sind, sich bunte Jugendliche gefahrlos treffen können oder Antifas, die, sagt Ratz, "oft genug den Kopf hinhalten für die Bürgerlichen". Vor allem in ländlichen Gegenden ist das mittlerweile oft wörtlicher zu nehmen, als einem lieb ist. Für Ratz sind Häuser wie der Freiraum in Pößneck, das Treibhaus in Döbeln oder die Begegnungs- und Bildungsstätte Siebenhitze in Greiz Orte, an denen noch Demokratie stattfindet. Und an solchen möchte er Musik machen, diejenigen unterstützen, die sich gegen die wachsende "Verhärtung und Unmenschlichkeit" in der deutschen Gesellschaft engagieren. An Orten, die nichts sind "für in Rechtecken denkende Philosophie".
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