Politiker sind faszinierende Geschöpfe, wendig wie Mauersegler, anpassungsfähig wie Chamäleons, lernfähig wie … ähm, ja. Diesen Eindruck wollen sie zumindest gerne vermitteln, mit selbstlosem Blick auf die jeweils nächste Wahl. Die geschätzten SZ-Kollegen Roman Deininger und Wolfgang Wittl illustrierten diese Eigenheiten kürzlich sehr hübsch am Bespiel des bayrischen Ministerpräsidenten Markus Söder: Der habe sich "als Bienenretter neu erfunden" und könne "praktisch keinen Satz mehr ohne das Wort 'Blühstreifen' bilden."
Für derlei Phänomene muss man freilich nicht erst nach Bayern schauen. In Baden-Württemberg wirbt derzeit CDU-Fraktionschef Wolfgang Reinhart vehement für mehr Bäume und kritisiert den grünen Koalitionspartner für zu wenig konkrete Maßnahmen im Klimaschutz. Noch viel grüner als die Schwarzen sind aber die Gelben: Dass FDP-Landeschef Theurer kürzlich blumenumrankte Avancen gen Kretschmann schickte, dass es nur so knisterte, ist dabei mitnichten erst der Anfang. Nein, die Liberalen haben nun offenbar die Klimakrise als verbindendes Element mit den Grünen entdeckt, und seit Längerem vergeht kein Landesparteitag ohne den Hinweis darauf, dass eigentlich die FDP die erste Umweltpartei war, dass sie schon für Ökologie standen, als die jungen Grünen noch mit dem Einmotten ihrer Mao-Bibeln beschäftigt waren.
Das mag all jene verwundern, die bisher dachten, die FDP stehe vor allem für radikalen Wirtschaftsliberalismus, Steuersenkungen, kurz: für ein Selbstverständnis als Stütze des kapitalistischen Systems. Na ja, das sind sie schon auch noch, aber auf liberaler Seite gibt man sich zuversichtlich, dass mit den entsprechenden Anreizen ja wohl Umwelt- und Klimaschutz im Kapitalismus unterzubringen wären.
Nein, geht nicht, meint dagegen Tomasz Konicz. Im Kapitalismus sei ressourcenschonendes Wirtschaften aufgrund der dem System innewohnenden Logiken schlicht nicht möglich, schreibt der Journalist in einem Kommentar für Kontext. Grund sei vor allem der Wachstumszwang der Volkswirtschaften, der letztlich auch dazu führe, dass selbst Konzepte wie "Green New Deal" und "Green Growth" nur Chimären bleiben. Die einzige Rettung: das System ändern, so Konicz in seinem meinungsstarken Debattenbeitrag.
Ob wirksame Maßnahmen noch ergriffen werden oder nicht, der Klimawandel sei ohnehin nicht mehr zu verhindern oder aufzuhalten, meint der ehemalige Stuttgarter Stadtklimatologe Jürgen Baumüller. Die Anpassung an das Unvermeidbare sei daher die Devise, und dafür ist die Stadt im topografisch ungünstigen, weil Extremhitze förderlichen Talkessel gar nicht so schlecht aufgestellt – im Prinzip. Denn seit 2012 hat Stuttgart ein Klimawandel-Anpassungskonzept, kurz KLIMAKS. Nur mit der Umsetzung der darin geforderten Maßnahmen sieht es momentan noch etwas mau aus, wie unser Autor Jürgen Lessat in "Hallo Hexenkessel" dokumentiert.
1 Kommentar verfügbar
Jue.So Jürgen Sojka
am 21.08.2019gleich im 1. Absatz des "Possierliche Tierchen"-Artikels derart große differente Aussagen zur Wirklichkeit niederzuschreiben regt zum Widerspruch an!
„Politiker sind faszinierende Geschöpfe,…“ – Kennse einen, kennse alle. Gerburg Jahnke und Stephanie Überall 1998…