Medienmenschen hauen hat Konjunktur. Eben erst hat eine Studie der Otto-Brenner-Stiftung den bundesdeutschen Medien in Sachen NSU ein verheerendes Zeugnis ausgestellt: Der journalistische Instinkt habe versagt bei der Berichterstattung über die Mordserie der Neonazis, die Darstellungen der Behörden seien allzu bereitwillig übernommen worden.
Doch jetzt darf auch mal Positives vermeldet werde. In Baden-Württemberg können sich jene Medien, die konsequent über den Untersuchungsausschuss informieren, gerade das Gegenteil und damit einen Anteil an der jüngsten Wendung zuschreiben und zuschreiben lassen: Die Staatsanwaltschaft Stuttgart eröffnet noch einmal die Todesfallermittlung rund um die Verbrennung des Rechts-Aussteigers Florian Heilig.
Und die gerade mal zwei Sätze dürre Mitteilung des Justizministeriums offenbart neuen dringlichen Recherchebedarf. Denn darin steht zu lesen, dass die ersten Ermittlungen am 25. April 2014 eingestellt wurden. Der damals zuständige Staatsanwalt Stefan Biehl hatte in seiner Vernehmung im Ausschuss Anfang März aber angegeben, keine weiteren Schritte eingeleitet zu haben. Unter anderem mit der Begründung, die Eltern hätten sich bei der Überbringung der Todesnachricht "nicht kooperativ" gezeigt. Das war am 16. September 2013. Einer der beiden beteiligten Gerichtsmediziner nimmt nach eigener Aussage an, dass sein am 16. Oktober 2013 übermitteltes abschließendes Gutachten nicht mehr entsprechend gewürdigt wurde, weil der Fall als längst abgeschlossen angesehen war. Der Professor hatte ausdrücklich weitere Nachforschungen empfehlen wollen – an der These der Polizei, Heilig habe sich selber umgebracht, hegt er bis heute Zweifel.
Was ist in der Zeit bis 26. April 2014 geschehen oder eben nicht geschehen, in der die Akte doch noch nicht geschlossen war? Warum ist das gerichtsmedizinische Gutachten nicht berücksichtigt worden? Ganz zu schweigen von der seit Wochen diskutierten Frage, warum die Polizei Heiligs Auto nicht ordentlich durchsucht hat, sondern umgehend zur Verschrottung freigab, die nur die Familie verhinderte?
Ausgesprochen kühl reagiert denn auch der Ausschussvorsitzende Wolfgang Drexler auf die gute Nachricht: "Ich erwarte, dass die beteiligten Behörden auf den Ausschuss zugehen, um das weitere Vorgehen zu besprechen mit dem Ziel, eine möglichst geeignete Form der Zusammenarbeit zu finden." Der Begleitung durch die kritische Öffentlichkeit von bw.nsu-watch.info und Kontext kann Drexler sich weiterhin sicher sein.
¤¤¤
Anstifter rufen zu Spenden für Sant’Anna auf
Immer wieder begleitet hat Kontext auch die Geschichte von Sant' Anna di Stazzema. Wie berichtet ist am 5. März 2015 ein Orkan über das toskanische Dorf gezogen und hat schwere Schäden angerichtet. Für die Gedenkstätte werden sie auf 500 000 Euro geschätzt. Die Stuttgarter Anstifter, die das von SS-Schergen 1944 heimgesuchte Dorf seit Langem unterstützen, rufen jetzt dazu auf, beim Wiederaufbau der Gedenkstätte mit Spenden zu helfen. Jeder noch so kleine Beitrag sei willkommen. Am 25. April wollen die Anstifter mit einer Delegation vor Ort sein, wenn in Sant'Anna die durch den Orkan verschobene Einweihung der Cappellina stattfindet.
0 Kommentare verfügbar
Schreiben Sie den ersten Kommentar!