Dass Unternehmen sich vor ihren potentiellen Kund:innen herausputzen, ist Marketingkonsens. Dabei schrecken einige Firmen auch vor Schönfärberei nicht zurück: Lange Jahre war Engagement im Sinne der Umwelt ein "Unique Selling Point" vieler Unternehmen auf Kundenfang. Der amerikanische Mineralölkonzern Exxonmobil beispielsweise schloss sich gemeinsam mit Firmen wie dem deutschen Chemieriesen BASF und dem Süßgetränkegiganten Pepsi mit vielen weiteren namhaften Mitstreitern Anfang 2019 der "Alliance to end plastic waste" an. In einer Mitteilung von Greenpeace, der Recherchen der Nachrichtenagentur Reuters zugrunde lagen, schmähte die Umweltorganisation den Zusammenschluss als grünwaschende Nebelkerze. Ungleiche Investitionen machten die Allianz zu einer "Betrugsmasche, die darauf ausgelegt ist, endlos Plastik zu produzieren," so John Hocevar, Direktor der Greepeace USA Oceans Campaign. 1,5 Milliarden US-Dollar gegen den Plastikmüll, 180 Milliarden fütterten die eigenen Produktionen. Den Firmen, so Hocevar, ginge es nicht um den Schutz der Meere, sondern um ihr eigenes Image. Ein paar "grüngewaschene Schlagzeilen" inklusive.
Mercedes-Benz gradwandert
Die Meinungen zum Pinkwashing klaffen indes weit auseinander. In linken Blogs, auf Twitter und Co. wird viel geschmäht, viel kritisiert, alles sehr laut und sehr vorwurfsvoll. Doch es gibt auch die andere Seite: Margerete Voll konnte, beteuert sie, in ihrer langen Berufslaufbahn noch kein Pinkashing erkennen. Und auch bei den großen baden-württembergischen Firmen sieht sie kaum Probleme: "Die großen können sich das gar nicht leisten". Voll gründete vor 20 Jahren die Wirtschaftsweiber, ein Verband lesbischer Unternehmerinnen, der seit seiner Gründung für mehr Frauen in Führungspositionen und mehr lesbische Sichtbarkeit im Berufsleben kämpft. Sie kennt die Unternehmerseite: "Als Großkonzern ist man immer unterm Lupenglas." Viele Firmen, so Voll, nähmen jetzt eine Vorreiterrolle ein, auch, weil es der Zeitgeist mittlerweile gar nicht anders zuließe. Diversity müsse sein, auch dieser Konsens fand irgendwann seine Daseinsberechtigung in der Wirtschaft. Was sie nach all den Jahren problematisch sieht: Die Angst vor dem Outing besteht noch immer. "Viele queere Menschen outen sich am Arbeitsplatz nicht, weil sie nicht sichergehen können, dass ihr Coming Out keine negativen Folgen mit sich bringt", sagt Voll. Der "Unconcious Bias", die unterbewusste Voreingenommenheit, sei etwas, mit dem viele queere Menschen im Berufsalltag zu kämpfen haben. Und: "Natürlich gibt es auch immer Leute, die der Meinung sind, dass die interne Gleichstellung bereits abgeschlossen wäre." Eine Fehlannahme. Daran gelte es vielerorts noch zu arbeiten.
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