Ein Problem für beide Hochschulen ist, dass der Wissenschaftsrat seit 2012 für die Anerkennung als Hochschule mit Bachelor- und Master-Angebot mindestens zehn Vollzeit-Professuren verlangt. Diese Bedingung kann die HfK+G nicht, die Merz Akademie immerhin knapp erfüllen. Wenn allerdings aufgrund von Tarifsteigerungen oder aus anderen Gründen weniger Mittel zur Verfügung stehen, kann sie nicht einfach die Zahl der Dozenten und Studierenden herabsetzen, sonst droht sie die Akkreditierung zu verlieren. "Die Crux ist, dass wir uns nicht frei entwickeln können", bedauert Schmohl. "Nach oben nicht, weil Zuschüsse und Zahl der Studierenden gedeckelt sind; aber auch nicht nach unten, weil wir dann unter die Mindestgröße des Wissenschaftsrats fallen."
Eine Besonderheit, wenn nicht ein Alleinstellungsmerkmal der Merz Akademie ist, was Markus Merz den Gedanken der Autorschaft nennt. Studierende lernen nicht nur, bestehende Medien zu verwenden, Werbebotschaften zu verpacken oder im Auftrag von Unternehmen Produkte zu gestalten. Sie sind angehalten, während des Studiums und in der Abschlussarbeit eigene Problemstellungen und die dazu passenden Medienumgebungen zu entwickeln, in Bereichen wie Kunst, Kultur, Gesellschaft oder Wissenschaft. Wer dies gelernt hat, kann auch über das Studium hinaus Impulse setzen. Er oder sie hat Teil an der Gestaltung der Welt, ob es sich um die Welt der Medien oder um die Gesellschaft handelt.
Kritische Theorie ist ein wichtiger Bestandteil des Studiums. Die Ringvorlesung mit internationalen Gästen ist öffentlich zugänglich. Ausgewählte Vorträge sind auf der Website der Akademie nachzuhören. Die Umstellung von einem Tag auf den anderen wegen Corona habe "außerordentlich gut geklappt", findet Schmohl, was Anlass gebe, "den digitalen Aspekt der Lehre weiter zu entwickeln." Etwa indem Vortragende aus den USA oder aus Polen nicht eigens eingeflogen werden müssten, was Geld, aber auch CO2-Emissionen einspare. Allerdings sei auch der persönliche Kontakt wichtig.
Merz macht mobil fürs Haus für Film und Medien
Seine Erfahrungen bringt Markus Merz auch in den Verein Haus für Film und Medien mit ein, ursprünglich "Neues Kommunales Kino Stuttgart e.V." genannt, den er seit seiner Gründung vor ungefähr zehn Jahren leitet. Seit zwölf Jahren gibt es in Stuttgart kein Kommunales Kino mehr. Bald nach der Schließung am früheren Standort Amerikahaus gründete sich die Initiative. Es sei gar nicht so einfach, die 25 beteiligten Institutionen unter einen Hut zu bekommen, berichtet Merz, zumal einige von ihnen zunächst einmal gar nicht mehr wollten, als ihr Kommunales Kino zurückhaben.
Merz will mehr: "Bewegtes Bild ist nicht nur Kino", betont er, "es begegnet uns auf allen möglichen anderen Wegen: Die Netze, die sozialen Medien, das eigene Produzieren und die Verschränkung der Medien haben das Bewegtbild in ganz neue Zusammenhänge gebracht, über den klassischen Kinofilm hinaus. Das verlangt eben auch, dass man sich ein völlig neues Haus ausdenkt. Mit dieser neuen Vorstellung sind wir relativ weit gekommen."
Fabian Mayer (CDU), der Erste Bürgermeister von Stuttgart, hat sich das Thema zueigen gemacht. Am 5. März, noch kurz vor den Corona-Einschränkungen, hat der Gemeinderat das Konzept einstimmig befürwortet und 49 Millionen Euro für den Bau sowie 4 Millionen jährlich für den Betrieb bewilligt. An der Stelle des heutigen Breuninger-Parkhauses soll das Film- und Medienhaus entstehen und als Projekt der Internationalen Bauausstellung (IBA '27) noch vor 2027 fertig sein. Neben zwei Kinosälen, einem Mehrzweckraum, Werkstätten und Seminarräumen sollen dazu ein Ausstellungsbereich und Gastronomie gehören. Die 25 Partner des Vereins warten nur darauf, das neue Haus mit Leben zu füllen.
"Es geht darum, dass es ein Angebot der Partizipation an die Bevölkerung ist", so Merz: "Ich kann hier mit Medien selber umgehen. Ich kann Seminare besuchen mit internationalen Gästen, so wie wir es auch an der Merz Akademie machen. Es soll aber auch speziell auf Kinder und Jugendliche, auf Rentnerinnen und Rentner zugeschnittene Programme geben, um eine souveräne Haltung im Umgang mit Medien zu entwickeln, damit sich dies auch im Stadtgeschehen niederschlagen kann."
"Der Autor-Gedanke spielt auch hier wieder eine Rolle", betont Merz. "Wer lernt, wie man Kamera führt, Ton macht und schneidet, kann auch als Autor auftreten. Dazu genügt schon ein Mobiltelefon. Es ist ein wesentlicher Aspekt, hier ein großes Angebot zu entwickeln."
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