Gesundheitsgefährdende Ewigkeitschemikalien und kein Ende: Kürzlich hat die EU Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) ein Verbotsverfahren für das Unkrautvernichtungsmittel Flufenacet (FFA) eingeleitet – und ausgerechnet das deutsche Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL), das dem grünen Landwirtschaftsminister Cem Özdemir untersteht, spielt dabei wieder mal eine unrühmliche Rolle. Aber der Reihe nach.
Nach der Verbotsankündigung der EU Behörde ist genau das passiert, was in solchen Fällen immer passiert: Die Wogen sind gewaltig hochgegangen – bei den Herstellern, beim Bauernverband und ganz allgemein der Agralobby. Die Bayer AG, einer der Flufenacet-Hersteller, sieht "keine Hinweise auf ein Risiko für die menschliche Gesundheit oder für die Umwelt", und das Magazin "Agrarheute" titelte reißerisch: "Schlag ins Kontor: Behörde streicht wichtigen Wirkstoff gegen Unkraut".
Dabei handelt es sich bei diesem Herbizid nicht um irgendeinen Unkrautvernichter, sondern um einen hochgefährlichen. Und was Ackerfuchsschwanz, Windhalm, Weidelgras und Vogelmiere auf den Getreideäckern einen zuverlässigen Exitus beschert, das ist auch der menschlichen Gesundheit alles andere als zuträglich. Denn beim Ausbringen von FFA, das ist seit 2017 nachgewiesen, bildet sich das Zerfallsprodukt Trifluoracetat (TFA), eine "Ewigkeitschemikalie" aus der berüchtigten, krebsverdächtigen Systemgruppe der so genannten PFAS, über das Kontext neulich schon berichtet hat.
Durchschnittlich 13.000 Tonnen solcher Herbizide werden pro Jahr auf deutschen Getreideäckern versprüht. Wie soll man das einordnen angesichts der Tatsache, dass die gesamte landwirtschaftlich genutzte Fläche der Republik ja immerhin 12,1 Millionen Hektar umfasst? 13.000 Tonnen auf so einer Fläche, da verteilt sich so ein Stoff doch locker. Könnte man meinen. Aber wir reden hier über einen Stoff, dessen Giftigkeit in Mikrogramm gemessen wird – und diesen streut man seit Jahrzehnten tonnenweise über das Land, auf dem unsere Nahrungsmittel wachsen und unter dem unsere Trinkwasserreserven lagern.
Bollwerk aus Agrarlobby und willfährigen Ministerien
Genau das will die EU jetzt stoppen. Aber so schnell wird daraus nichts, denn dagegen gibt es als Bollwerk ja schließlich noch die bundesdeutsche Agrarlobby im perfekten Zusammenspiel mit willfährigen Ministerien. Und das bedeutet: Selbst wenn ein Stoff in Zukunft verboten sein sollte, heißt das noch lange nicht, dass man ihn nicht mehr verwenden darf. Kaufen darf man ihn zwar nicht mehr, aber ausbringen schon, wenn das Lager noch gefüllt ist. Diesen Herbst auf jeden Fall noch und – da sind Hersteller und Bauernverband ganz zuversichtlich – auch nächsten Herbst noch werden die FFA-haltigen Herbizide Tactis und Elipris im bewährten Einsatz sein. Giftigkeit und Grundwasserschädlichkeit hin oder her.
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Frag Staat
am 26.10.2024