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Zentrum Automobil

Toxischer Verein

Zentrum Automobil: Toxischer Verein
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Am morgigen Donnerstag beginnen die Betriebsratswahlen bundesweit. Das Zentrum Automobil, die winzige rechte Pseudo-Gewerkschaft aus Stuttgart, mischt dabei mit.

Die Leute von Zentrum Automobil (ZA), alles gestandene Männer, sind arm dran. "Unser Land ist zutiefst gespalten", sagt da einer in einem aktuellen Video zu den beginnenden Betriebsratswahlen mit Grabesstimme. "Andersdenkende werden gesellschaftlich isoliert und an den Rand gedrängt. Ob Demonstrationen für Grundrechte, alternative Parteien, alternative Medien oder alternative Arbeitnehmervertretungen, alles, was nicht Mainstream ist, wird markiert und bekämpft." Dabei haben "QuerdenkerInnen" die vergangenen zwei Jahre den Diskurs beherrscht, die AfD und die "alternativen Medien" tun das noch länger und das ZA ist kein "alternativer" Club, sondern einer, der von radikalen Rechten und deren Umfeld betrieben wird.

Gegründet hat das ZA Oliver Hilburger, früherer Rechtsrocker und so etwas wie ein Urgestein der extrem rechten Szene. Der Maschinenschlosser war bei Daimler Untertürkheim bis 2007 für die christliche Gewerkschaft CGM gewählter Betriebsrat. Zwei Jahre später gründete er seinen eigenen Verein – das Zentrum Automobil. Und das stänkert seitdem in der Produktion einiger deutscher Autobauer-Werke.

Von etwa 180.000 Sitzen in deutschen Betriebsräten kommt das ZA bisher nur auf sehr wenige. 2014 hatten die Zentrums-Leute bei Daimler in Untertürkheim vier Betriebsräte gestellt. 2018 waren es sechs, weitere drei im Daimler-Werk Rastatt, zwei in Sindelfingen, zwei bei Porsche und vier bei BMW in Leipzig, zwei bei Siemens Görlitz, einen bei Opel in Rüsselsheim und zwei beim Motorsägenhersteller Stihl. Das Zentrum jubilierte ob der immensen Steigerung, dabei stellen sie derzeit gerade mal etwa 0,1 Promille der Vertreter in Deutschland, schrieb Peter Schwarz in der "Waiblinger Kreiszeitung" mal. "Solche Verhältnisse kennt man sonst eher aus der homöopathischen Verdünnungsmedizin."

Die Zentrum-Mitglieder präsentieren sich als Kollegen, die den Finger in die Wunde legen. Aber Themen, die das Zentrum besetzt, sind vor allem solche, die emotional direkt aufs Rückenmark zielen. Das verfing bisher eher wenig, aber in einer Zeit der Unsicherheit und Umstellung durch die Verkehrswende vor allem im Autobauer-Spektrum, in einer Zeit der Diskussion um Impfungen und Corona setzen Emotionen direkt an der Angst an. Das sollte man nicht unterschätzen.

Das ZA bemüht sich zwar, sich nicht als rechtsradikale Gewerkschaft darzustellen, sondern als eine für alle Beschäftigten an den Autobauer-Standorten. Schaut man einmal in den Abgrund, in dem sich das ZA tummelt, schwimmt es da mit eigentlich allen in einem Topf, mit denen man als demokratisch gesinnter Geist nichts zu tun haben will.

Stimmung statt Mitbestimmung

Das vor Kurzem vom Bundesamt vom Verfassungsschutz als "gesichert extremistisch" eingestufte "Compact"-Magazin um Jürgen Elsässer ist so etwas wie das Hochglanz-Presse-Organ des ZA. Im November 2017 hatte Hilburger mit Simon Kaupert, Filmemacher des rechtsradikalen Kampagnen-Vereins "Ein Prozent", ein Ex-Linker, der später ins Mittelmeer fuhr, um mit der Identitären Bewegung Flüchtende zu bekämpfen, auf der "Compact"-Konferenz "für Souveränität" in Leipzig das Vorhaben des ZA für das Jahr 2018 vorgestellt: "Werde Betriebsrat". Der Plan: Die AfD sollte ihren Arm auch in die Betriebe ausstrecken. Erst hatte ZA-Chef Hilburger gesprochen, nach ihm wurde Björn Höcke bejubelt, dann kam Kaupert. "Jeder von uns kennt jemanden, der seine Arbeitsstelle aus politischen Gründen verloren hat", behauptete der. Dann läuft der Film an, der später im Netz verbreitet wird. Es geht um Peter Müller, Maschinenführer, "die Politik der Regierung findet er verantwortungslos" und "deswegen geht er jeden Montag zu Pegida". Und wird dann "von einer Minute auf die andere vor die Tür gesetzt". Das war der bis dahin größte Aufschlag des ZA.

Anfang 2019, bei den Protesten gegen das Diesel-Verbot in Stuttgart, ist das ZA präsent, im Sommer 2019 startet es seine Kampagne "Der Vertrauensmann". Dem vorausgegangen war ein Prozess am Arbeitsgericht Stuttgart. Zwei Daimler-Beschäftigte hatten einem türkischstämmigen Kollegen und IG Metaller über Monate per WhatsApp Hitlerbilder, Hakenkreuze und verächtlichmachende Bilder über Muslime gesendet. Eines zeigte einen Soldaten im Zweiten Weltkrieg mit Gewehr: "Das schnellste deutsche Asylverfahren lehnt bis zu 1.400 Anträge in der Minute ab."

Ausgabe 549, 06.10.2021

Niemals Angriff

Von Anna Hunger

Zwei Antifas sollen Mitglieder des rechten Vereins "Zentrum Automobil" verprügelt haben. Nach 20 Verhandlungstagen vor dem Stuttgarter Landgericht und viel heißer Luft von rechts bleibt zumindest eine Erkenntnis: Schweigen ist manchmal doch Gold.

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Der Konzern hatte beiden 2018 gekündigt, das Arbeitsgericht gab Daimler recht. Den Film allerdings haben auf YouTube mehr als 100.000 Leute angeklickt. Hans Jaus, Listenplatz 3 der ZA-Liste zur Betriebsratswahl 2018, spricht da von "mafiösen Strukturen" innerhalb der IG Metall. Und schiebt hinterher: "Ich weiß aber nicht, ob ich das sagen darf oder ob ich mich dann schon wieder strafbar mache." Jaus war in der Vergangenheit Bundesschatzmeister der mittlerweile verbotenen Neonazi-Organisation "Wiking Jugend".

Der Film ging einmal quer durchs Werk und sorgte derart für Diskussionen, das sich selbst Daimler zu einer Stellungnahme genötigt sah: "Zahlreiche Behauptungen im Film stellen die Tatsachen verzerrt dar. Einige sind schlichtweg unwahr. Im Film kommt es aus Unternehmenssicht zu einer äußerst bedenklichen Verzerrung der Wahrnehmung zwischen Opfern und Tätern." Daimler-Chef Ola Källenius selbst wird zitiert mit: "Wir sind so divers wie unsere Kunden. Diese Vielfalt macht uns stark. Deshalb haben Fremdenfeindlichkeit und Intoleranz bei uns keinen Platz." Wer die Truppe um Oliver Hilburger bis dahin nicht kannte, kannte sie jetzt.

Dann kam Corona.

In der vergangenen Zeit hat das Zentrum gleich zwei Felder mit voller Kraft besetzt, die polarisierender nicht sein könnten. Das eine war der Überfall von Antifas auf drei ZA-Mitglieder (Kontext berichtete), der vor einiger Zeit vor Gericht verhandelt wurde. Mit einer breit angelegten Kampagne hat die Pseudo-Gewerkschaft und ihr Umfeld versucht, der IG Metall die Schuld, ja den Auftrag für diese Tat in die Schuhe zu schieben und gegen die große Gewerkschaft aufzuwiegeln.

Das andere Thema: Corona. Erst vor Kurzem hat das ZA gemeinsam mit anderen Gruppierungen das Impfstreik-Bündnis aus der Taufe gehoben, eine Art Generalstreik gegen das Impfen, mit dem auch, so eine der Ideen, kritische Infrastruktur wie Stromkraftwerke lahmgelegt werden sollten – mit dabei wieder das "Compact"-Magazin, der "Demokratische Widerstand", der aus den Corona-Protesten entstanden ist, die rechtsradikalen "PI-News" und die Freien Sachsen, eine neu gegründete radikale Winz-Partei, entstanden ebenfalls aus der Corona-Pandemie.

Auch das, so hört man, sei für das Zentrum eher kein Bringer gewesen.

Die sind selbst der AfD zu rechts

Kläger im Antifa-Prozess war unter anderem Andreas Ziegler. Ziegler war bis vor kurzem AfD-Mitglied, dann hat die Partei ihm seine Mitgliedschaft gekündigt und das ZA auf die Unvereinbarkeitsliste gesetzt. Zu viele extreme Rechte im Umfeld, die sich auch noch öffentlich zeigen.

Das gab in der dauerverkrachten AfD Knatsch. Vor allem Dirk Spaniel wehrte sich dagegen, früher Daimler-Manager und verkehrspolitischer Sprecher der Bundes-AfD, der dem Bundesvorstand der Partei wegen seiner bisher gute Kontakte zum ZA und damit zu rechtsradikalen Gruppen schon lange ein Dorn im Auge ist. Zu nah rückt da der Verfassungsschutz an die eigenen Reihen heran.

Gerne zu Gast in ZA-Videos ist auch Christina Baum, die dem offiziell aufgelösten Flügel um Björn Höcke angehörte und zur letzten Bundestagswahl aus dem Landtag von Baden-Württemberg in den Bundestag gewählt wurde. Der Unvereinbarkeitsbeschluss sei ein "No-go" des Bundesvorstands und zeuge "von unglaublicher politischer Arroganz". Der AfD-Vorstand selbst begründete, so steht es im Protokoll der betreffenden Konferenz: "Nahezu der komplette Vorstand des Zentrum Automobil e.V. (...) besteht aus Personen, die sich in der Vergangenheit rechtsextremistisch oder neonazistisch betätigt haben sollen." Und: "Die AfD in Baden-Württemberg droht von Mitgliedern des Zentrum Automobils e.V. unterwandert zu werden." Vorfeldorganisationen seien nötig, das ZA aber sei "toxisch".

Ausgabe 559, 15.12.2021

Bündnis des Grauens

Von Anna Hunger

Die rechte Pseudo-Gewerkschaft Zentrum Automobil wurde vor Kurzem auf die Unvereinbarkeitsliste der AfD gesetzt. Jetzt ruft der Verein zum Impfstreik auf. Auch die Bundeswehr soll mitmachen.

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Und weil es mit der AfD nicht mehr klappt, hat das Zentrum über die Corona-Pandemie mit den Freien Sachsen einen neuen Partner gefunden. Die Freien Sachsen: bekannt geworden, als eine Gruppe vor dem Haus der sächsischen Gesundheitsministerin aufmarschierte, wird seit einiger Zeit vom Verfassungsschutz beobachtet.

Ein Video vom 14. November 2021 zeigt den ZAler Hans Jaus im Gespräch mit Martin Kohlmann, Rechtsanwalt aus Chemnitz und Vorsitzender der Freien Sachsen. "Unter uns eher patriotisch eingestellten Leuten ist ja das Zweitunbeliebteste nach den Parteien wahrscheinlich die Gewerkschaft", sagt Kohlmann da. Inhaltlich bietet das Video wenig, außer Stimmung gegen die IG Metall, der allerdings selbst Jaus ihre Erfolge und historische Bedeutung, beispielsweise um die 35-Stunden-Woche, nicht absprechen kann.

Die IG Metall äußert sich eher ungern zum Thema, um den Winz-Verein nicht größer zu machen als er ist, zumal kurz vor den Betriebsratswahlen. Fragt man Leute, beispielsweise bei Daimler Untertürkheim, berichten sie, dass sich das ZA schon mal für einen freien Tag für den Kollegen oder für den Urlaub eines einzelnen einsetze. "Die geben sich als die Kümmerer", sagt einer. "Und tun so, als würden sie genauso viel hinbekommen wie die IG Metall. Das stimmt nicht, sie scheitern an der Umsetzung." Sich wirklich einsetzen für Sachthemen tue keiner von ihnen. Auch an anderen Standorten hat man die Erfahrung gemacht, dass ZA-Leute im Betriebsrat vor allem eine Politik der Verhinderungs- und Blockadehaltung betrieben. Es gilt: Alles wird gut, sobald die vermeintlich korrupte IG Metall in die Ecke gedrängt ist und man als stärkste Kraft Tarifverträge verhandeln kann. Was genau dann gut wird für die Belegschaft, bleibt vage.

Auch VW in Zwickau hat einen ZA-Vertreter, momentan tritt der mit fünf weiteren Kandidaten, zwei davon AfD-Funktionäre, als "Bündnis freier Betriebsräte" im dortigen E-Werk an. Der Unvereinbarkeitsbeschluss der AfD, er ist für die Tonne. Und bisher ist Hilburgers "Mann in Zwickau" im VW-Werk auch nicht wirklich in Erscheinung getreten. Thomas Knabel, erster Bevollmächtigter der IG Metall Zwickau sagt: "Das Zentrum zielt ausschließlich darauf ab, die Belegschaft und die IG Metall zu spalten. Sie sind keine anerkannte Gewerkschaft und bringen auch keinerlei Lösungen mit."

Die Mitglieder würden weniger die Interessen von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern vertreten, meint der Rechtsextremismusforscher Matthias Quent, "sondern vielmehr von rechtsradikalen Netzwerken im Hintergrund." Das ZA sei ein "symbolisch wichtiges Vorzeigeprojekt der radikalen Rechten". Und damit wird er recht haben. Wie sehr das "Zentrum Automobil" über die Corona-Zeit verfangen hat in den Betrieben, wird sich nach diesen Betriebsratswahlen zeigen. Denn auch in Betrieben arbeitet nur ein Querschnitt der Gesellschaft.


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1 Kommentar verfügbar

  • Gerald Wissler
    am 02.03.2022
    Antworten
    Solange in Großunternehmen die freigestellten Betriebsräte, im Metallbereich allesamt von der IG Metall, erstaunliche Gehälter, die nichts mit der Lebenswirklichkeit der vom Betriebsrat vertretenen Kollegen zu tun haben, bekommen, braucht man sich über Mauschel- und Intransparenz-Vorwürfe nicht zu…
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