Mehr Brot als Spiele heute. Krieg und Gewalt und Lügen und Heuchelei und Mitleid und Angst, unser täglich Brot dieser Tage. Die Spiele sind ohnehin vorbei, also die olympischen Spiele 2022 in Peking zumindest. Am Freitag soll es bis zum 13. März weitergehen mit den 78 Wettbewerben der 13. Winter Paralympics, dem wichtigsten sportlichen Großereignis für Menschen mit körperlicher Behinderung. Aber wer wollte dieser Tage mit Sicherheit irgendetwas vorhersagen, wo doch viele irgendetwas sagen und nur wenige sich an irgendetwas halten?
Wussten Sie zum Beispiel, dass es eine olympische Waffenruhe gibt? Beziehungsweise nicht gibt, weil Putin sie nach 2008 und 2014 gerade zum dritten Mal gebrochen hat. Alle 193 UN-Mitglieder hatten zuletzt am 2. Dezember 2021 die auf eine 3.000 Jahre alte Tradition des antiken Olympia zurückgehende "Resolution zur olympischen Waffenruhe" verabschiedet. Sie, die Waffenruhe, begann am 28. Januar. Genau sieben Tage vor der Eröffnungsfeier der Winterspiele in Peking war das, und bis zum 20. März sollte sie andauern, bis eine Woche nach Abschluss der Paralympics.
Mehr als wachsweiche Äußerungen der Besorgnis sind seitens des IOC weder 2008 noch 2014 zu vernehmen gewesen. Und auch aktuell äußerte Oberolympier Thomas Bach in den ersten Tagen nach Russlands Überfall auf den Nachbarn nicht viel mehr als "Bestürzung". Wer die russischen Athletinnen und Athleten trotz glasklar nachgewiesenen systematischen Staatsdopings immer weiter Teil der olympischen Familie sein lässt, der würde natürlich auch blutige Überfälle auf Georgien (2008), die Krim (2014) und jetzt die gesamte Ukraine nicht zum Anlass nehmen, Wladimir Putins Russland konsequent und deutlich zu isolieren. So spielte das IOC auf Zeit und handelte tatsächlich erst, als es für eine moralisch halbwegs saubere Lösung schon wieder zu spät war. Geht hier schließlich um viel Geld – und wenn's ums Geld geht, ist das mit der Moral immer so eine Sache. Besonders gut wissen sie das im Aufsichts- und Ehrenrat beim Fußballclub Schalke 04, wo sie die Gazprom-Kohle seit vielen Jahren gierig eingesackt und im völligen Unverstand ausgegeben haben, weswegen S04 aktuell trotz der vielen Euros nicht in der Champions League, sondern in der Zweiten Liga kickt und die königsblauen Fans vor Gram ihre Schals fressen müssen, weil sogar der Dortmunder Geschäftsführer Aki Watzke nach der überfälligen Beendigung der Zusammenarbeit mit Gazprom zu Solidaritätsspenden für ihren Club aufruft.
Freilich ist Schalke da nicht allein, sondern hierzulande lediglich das bekannteste Beispiel dafür, dass auch im Sport die Gier weit vor der Moral kommt. Von den großen Sportverbänden bis zu den größeren und kleineren Clubs vieler Ligen vieler Sportarten – vielerorts füllt russisches Oligarchengeld die Vereins- und Verbandskassen, haufenweise hat man allzu lange den Bückling gemacht und gerne die Hand aufgehalten. Es gab ja immer noch Dietmar Hopp zum Hassen, an ihm konnte man sich vergleichsweise folgenlos abarbeiten.
Kritik an dubiosen Oligarchen war nur dann zu hören, wenn es mal schiefging wie im Fall des traditionsreichen Fußballvereins KFC Uerdingen 05, dessen ständig schwitzender Geldgeber Mikhail Ponomarev eher als Westentaschen-Oligarch bezeichnet werden kann, der aber trotzdem auch bei den Fußballclubs Fortuna Düsseldorf und AFC Bournemouth (England) sowie den Eishockeyclubs Düsseldorfer EG und Krefeld Pinguine sein Unwesen und die von seinem Geld abhängigen Vereinsmeier regelmäßig in die Verzweiflung trieb.
Die Uefa wünscht einen fröhlichen Donnerstag
Da fragte die Konkurrenz dann schon auch mal hämisch-heuchlerisch nach, was einen denn geritten habe, sich einer derart zweifelhaften Person derart auszuliefern. Und dass die Gewissenlosigkeit der kleineren Funktionärsebene ganz oben bei den Spitzensportverbänden noch um ein Vielfaches größer ist, das ist ja längst kein Geheimnis mehr, sondern geradezu herrschende Meinung. Doch als hätte es noch eines allerletzten Beweises bedurft dafür, wie verachtenswert gerade die großen Sportverbände sind, twitterte die Uefa am 24. Februar, am Morgen nach dem Angriff auf die Ukraine, während Raketen in Kiew einschlagen und die Menschen fliehen, ein fröhliches "HAPPY THURSDAY EVERYONE" in die Welt hinaus, mit einem lustigen Clown-Emoji hintendran. Wie schmerzfrei kann man sein als Verband? Da hilft es wenig, dass die Uefa den Tweet später löschen ließ.
1 Kommentar verfügbar
Wolfgang Kaemmer
am 02.03.2022Also so "rumgestammelt" hat Peter Peters nun auch wieder nicht. Die Fragen sind hart, und immerhin hat sich Herr…