"Ist das das neueste Must-have für Luxus-Appartements?", fragt die in London erscheinende "Mail Online" am 15. April 2016. Gemeint ist eine zweistöckige Penthousewohnung im Stadtteil Kensington: vier Schlafzimmer, Swimmingpool, zehn Meter lang, vier Meter breit, Gegenstromanlage und aufschiebbares Dach. Zuerst zu bewundern in den "National News" aus Dubai. Kostenpunkt der ultimativen Liegenschaft im Abbots House: 14 Millionen Pfund.
Einen dieser Artikel dürfte Ruja Ignatova damals gelesen haben. Sie war dem Schwarzwald längst entwachsen, unglaublich reich geworden. Auf ihrer Yacht gastierte Tom Jones. Ihr OneCoin-Geschäft hatte die "Cryptoqueen" zwei Jahre zuvor gestartet – es lief bereits fantastisch und war doch nichts anderes als ein Betrugssystem, an das in Deutschland 60.000 Menschen glaubten, weltweit 3,5 Millionen. Mehr als 20 Strafverfolgungsbehörden sind hinter ihr her, belegt ist, dass OneCoin allein zwischen Ende 2014 und Herbst 2016 3,4 Milliarden Dollar Umsatz gemacht hat. Den Gesamtschaden bis heute schätzen Rechtsanwälte auf 15 bis 20 Milliarden Dollar. Als Ignatova verschwand, soll sie über 500 Millionen Dollar verfügt haben. Insofern war der Kauf des Luxus-Appartements eher ein Fall fürs Klimpergeld.
OneCoin existierte nirgendwo
Die gebürtige Bulgarin hatte die neue Kryptowährung im Jahr 2013 zusammen mit dem Marketing-Spezialisten Sebastian Greenwood geschaffen. Es war eine mutmaßlich frei erfundene virtuelle Währung, die nirgendwo existierte, außer in ein paar Verkaufspräsentationen. Bei OneCoin erwarben die Kunden "Schulungspakete", die je nach Preis sogenannte Token enthielten und ihnen Bildung im Finanzsektor versprachen. Der "Premium Trader" kostete 12.500 Euro, das "Infinity Paket" 27.500 Euro. Die Token wollte die Organisation eines Tages in OneCoin umwandeln. Diese Pakete konnten mit Provisionen weiter-verkauft werden – oft an Freunde, Nachbarn und Arbeitskollegen. Ihr Geld ist weitgehend verloren, der versprochene Reichtum erreichte nur wenige. Tatsächlich, so legen es Aussagen von beiden OneCoin-Erfindern in E-Mails nahe, hatten sie von Anfang an vor, ihre Kundschaft auszunehmen. "Take the money and run, and blame someone else" – so beschrieb Ignatova ihre Exitstrategie. Nimm das Geld, tauche unter und gib jemandem anderen die Schuld.
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