Die Corona-Bekämpfung zeigt sich seit über einem Jahr eher schlicht: Je nach Inzidenz gibt es Kontaktbeschränkungen im Privaten plus Ausgangssperren, geschlossen werden Schulen, Kitas, kleine Einzelhandelsläden und alles, was mit Freizeit zu tun hat, Theater, Restaurants, Sportplätze und so weiter. Was läuft, ist die Produktion. Und zwar gut, jedenfalls wenn keine Halbleiter benötigt werden, bei denen gibt es gerade Lieferschwierigkeiten. Nun sollen ArbeitnehmerInnen sich per Schnelltest im Betrieb testen lassen – freiwillig. Eine Testpflicht hat das Bundesarbeitsministerium (BMAS) nicht erlassen. Warum eigentlich nicht?
"Eine Testpflicht für Beschäftigte ist auf Grundlage des Arbeitsschutzgesetzes nicht möglich", antwortet das BMAS auf die Frage. Allerdings sei "eine Verpflichtung auch über das Infektionsschutzgesetz möglich". Und das ist Ländersache. Sachsen und Berlin haben das für Krankenhausbeschäftigte und ErzieherInnen so gehandhabt. In Baden-Württemberg beschränkt man sich auf eine Testpflicht für Saisonarbeitskräfte in der Landwirtschaft und für Menschen in Schlachtbetrieben. Warum wird der Test nicht für alle verpflichtend? Das Wirtschaftsministerium Baden-Württemberg erklärt auf Nachfrage: "Ob eine generelle Testpflicht für alle Beschäftigten ohne Ansehen der konkreten Gefährdungslage aus Sicht des allgemeinen Infektionsschutzes zum Schutz der Bevölkerung erforderlich ist, ist ggf. noch näher zu prüfen in Abstimmung mit dem für Infektionsschutz zuständigen Sozialministerium."
Gegebenenfalls könnten die zuständigen Ministerien sich ja die – offenbar erste – Untersuchung anschauen, die sich mit Infektionen und Arbeit beschäftigt (hier nachzulesen). Wissenschaftler des Uniklinikums Düsseldorf und der Heinrich Heine Universität haben dafür Zahlen ausgewertet: die Erwerbstätigenquote und die Wirtschaftsbranchen, dazu die Inzidenzen der Bevölkerung im Erwerbsalter in allen 401 Landkreisen und kreisfreien Städten in Deutschland über ein Jahr. Ergebnis: "Kreise mit einem hohen Anteil Erwerbstätiger in der Produktion hatten und haben im Durchschnitt höhere Inzidenzen im Vergleich zu Kreisen mit einem weniger ausgeprägten Produktionssektor." Allerdings haben die Forscher ein Problem: Es gibt kaum Daten. Die Gesundheitsämter sind nicht gehalten, bei Infizierten Beruf, Arbeitsort oder Wohnverhältnisse abzufragen. Und so schreiben die Düsseldorfer: "Das genau Ausmaß des Beitrags der Arbeit zum gesamten Infektionsgeschehen ist in der aktuellen Pandemie unbekannt und nicht direkt untersucht worden. Überhaupt ist die Studienlage zur Rolle von Beruf und Erwerb in der Pandemie überraschend dünn." Dieses Daten-Desinteresse erleichtert es nicht gerade, Infektionsschutzmaßnahmen ordentlich zu begründen, geschweige denn sinnvolle Maßnahmen zu ergreifen.
Arbeitgeber und DGB sind sich mal einig
Immerhin gibt es nun die Schnelltests und es ist klar: Mehr Tests bringen mehr Infizierte zum Vorschein, so können Infektionsketten gestoppt werden. Testen ist also besser als nicht zu testen. Es wäre deshalb folgerichtig, nicht nur die Arbeitgeber zu verpflichten Schnelltests anzubieten, sondern auch die ArbeitnehmerInnen Tests zu machen. Tun das die Arbeitgeber? Oder fordern sie es zumindest?
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Peter Nowak
am 11.05.2021