Anlass für die Gegen-"Querdenker"-Aktionen war die Demo dieser Leute am Karsamstag gewesen, als Tausende masken- und abstandslos unter Polizeischutz durch die Stadt marschieren durften, weil die Stadtverwaltung unter OB Frank Nopper, CDU, diese Demo nicht verboten hatte. Ergebnis: Ein bundesweites Stuttgart-Bashing, das Nopper ungerecht fand, weswegen er am Samstagvormittag stilisierte Regenbögen auf Gehwege malte. Um das Image der Landeshauptstadt wieder zurechtzurücken.
Mehr als nette Malerei hatten die Demonstrierenden im Sinn, die sich zunächst auf dem Karlsplatz und später auf dem Marienplatz versammelten, um von dort aus dann auf der B14 zu picknicken. Sie befanden "Querdenken? Uns langt's!", wollten zeigen, dass in Stuttgart kein Platz für Hygieneverweigerer und Rechte ist, und sie plädierten für eine andere Coronapolitik.
Denn auch von links gibt es Kritik an der aktuellen Politik. Besonders daran, dass Einschränkungen vor allem das Privatleben treffen sowie die Teile der Wirtschaft, die an der Freizeit hängen, etwa Kultur und Gastronomie. Zwar behaupten auch "Querdenker" diese Branchen retten zu wollen, aber für Taner Özuysal von Aufstehen gegen Rassismus sind diese Leute "Esos, Verschwurbler, Impfgegner, Beknackte, die glauben, Tests wären manipuliert, einzelne Verwirrte", die kein Problem damit haben, dass bei ihnen auch Identitäre, Junge Nationalisten, (Ex-)AfDler und andere Rechtsextreme mitlaufen. Nicht jede Kritik an den Regierungsmaßnahmen sei abzulehnen, sagte Özuysal, aber: "Unsere Kritik muss von links kommen." Wenn die Regierung es ernst meine mit der Pandemiebekämpfung, müsse man fragen: "Warum darf die Industrie weiterarbeiten? Warum wurden Flüchtlingsunterkünfte nicht längst aufgelöst? Warum Impfpatente nicht freigegeben?"
Die ganz große Lösung mit Zero Covid?
Stark in der Debatte ist derzeit die Zero-Covid-Strategie. Tillmann Stübler von Zero Covid Stuttgart: "Wir wollen die Pandemie beenden mit einem solidarischen Lockdown." Drei Wochen lang solle alles, was nicht systemrelevant sei, dichtgemacht werden, finanziell abgesichert durch Unternehmen und den Staat. "Wo gearbeitet werden muss, müssen Infektionsschutzmaßnahmen strikt eingehalten und durch Komitees und Gewerkschaften überwacht werden." Weil die Pandemie sich nicht national bekämpfen lässt, sollen die drei Wochen länderübergreifend organisiert und durch eine europaweite Abgabe finanziert werden. Nach den drei Wochen wären die Infektionszahlen so weit runter, dass Kontaktverfolgung wieder möglich sei. So die Idee.
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Alexander Gautsche
am 15.06.2021