Winfried Kretschmann hat den Strategiedialog Automobilwirtschaft Baden-Württemberg erfunden, inklusive Kürzel SDA BW. Es handle sich um "ein neues Format der institutionalisierten Zusammenarbeit", rühmt sich das Staatsministerium, und "verfolgt einen ganzheitlichen Ansatz, der über Branchengrenzen hinweg Innovationspotenziale eröffnen soll". Im engen Schulterschluss von Politik, Wirtschaft, Wissenschaft, Arbeitnehmerverbänden, Verbraucherorganisationen, Umweltverbänden und Zivilgesellschaft würden in den kommenden sieben Jahren Projekte, Maßnahmen und Konzepte erarbeitet, "um den Transformationsprozess der baden-württembergischen Automobilindustrie erfolgreich zu gestalten".
Klingt schön, stimmt aber nicht. Denn nähme Kretschmann den Anspruch ernst, hätte er der Autoindustrie längst die Leviten gelesen. Öffentlich, damit es sich dem Publikum einprägt und alle Welt sich daran erinnert, dass Grüne grüne Politik machen. Schnell würde Gegenwind heftig blasen und Union wie FDP sich gewiss umgehend schützend vor die SUV-LiebhaberInnen stellen. Wenn es aber eine Menschheitsaufgabe ist, wie Kretschmann sagt, den Klimawandel zu begrenzen, müssten gerade von denen, die viel Vertrauen genießen in der Wählerschaft, die Gegenoffensiven kommen. Mit Botschaften, die weit über Untertürkheim und Zuffenhausen hinaus gehört werden.
Die Autobranche bettelt um eine Breitseite
Die Grüne Jugend macht es vor. Den aktuellen Anlass bietet ihr die Internationale Automobilausstellung (IAA) in Frankfurt. Denn deren Veranstalter, der VdA, bettelte geradezu um eine Breitseite, indem sie die 68. Schau ihrer Art zur "internationalen Plattform für die Mobilitätswende" verklären. "Hier treffen sich Konzernbosse und Verkehrsminister – und erschaffen gemeinsam ihr glitzerndes Image", schreibt die Grüne Jugend als Teil der in "Sand im Getriebe" organisierten Gegenbewegung, "und das Klima zahlt die Rechnung ihrer fossilen Statussymbole."
Die InitiatorInnen stellen sich in ihrem Aufruf in eine Reihe mit "Greta, Rezo, dem Papst". Sie alle hätten "erkannt, dass die drohende Klimakatastrophe nur noch durch sofortige, radikale Maßnahmen abgewendet werden kann". Zu einer großen Gegen-Demo und zu Blockaden ist aufgerufen, "um den öffentlichen Raum zurückzuerobern, den Autos sich genommen haben und den die Politik für sie verteidigt". Nur zehn Minuten Lokalaugenschein, etwa in der Tiefgarage unterm Stuttgarter Schillerplatz, offenbaren das Chaos, das zu dicke, zu breite und zu lange Autos schon allein wegen ihrer Abmessungen verursachen. Erst allerdings mussten vier Passanten in Berlin nach einer Kollision mit einem Porsche Macan sterben, um eine ernsthafte Diskussion über ein Innenstadtverbot für die Protz-Vehikel auszulösen.
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Ruby Tuesday
am 13.09.2019Die FahrerInnen solcher Monsterboliden sind getrieben von der…