Die Cashew-Riegel sind Bombe. Knackig, süß, großartig. Dringend muss nach dem Verzehr des ersten noch ein zweiter her und der Mann am Eingang des Umweltministeriums lässt schon durchblicken, dass er eigentlich "der Empfang" sei und keine Wechselstube für Ein-Euro-Stücke. Dann kruschtelt er im Geldbeutel und rückt doch eins raus, das Sekunden später im Schlitz des Fair-o-maten verschwindet. Herrlich.
Mag sein, dass es die Vorfreude auf den fairen Riegel ist, vielleicht verknüpft das Hirn mit der kurbelnden Drehbewegung auch rosawolkige Kindheitserinnerungen an Kaugummiautomaten, in denen hosentaschenweise zehn Pfennigstücke verschwanden. Der Fair-o-mat im Umweltministerium ist nicht einfach nur ein schnöder Snackautomat. Er ist ein kleines, anachronistisches Erlebnis: Euro oben reinwerfen, den roten Schraubknopf drehen, damit der die Drehwirkung von außen auf die Innenfächer überträgt, und plumps, da liegt er im Ausgabefach, der Cashew-Riegel. Und weil man sich den Riegel in Handarbeit selbst herausgedreht hat, bleibt das gute Gefühl, einem Gerät mal nicht ausgeliefert zu sein. Wir kennen und hassen es alle: vor einem Normalomaten zu stehen, in dem der gewünschte Snack mit der Zellophan-Falte in der Metallspirale hängenbleibt. Beim Fair-o-mat hat man die Macht selbst, zumindest vom Gefühl her.
Gutes Gefühl macht auch das, was rauskommt – ausschließlich fair gehandelter Süß- oder Salzkram, denn wer einen Fair-o-maten kauft, verpflichtet sich, nur faire Produkte einzufüllen, so haben es die Erfinder Klaus Hamelmann, 57 Jahre alt, und Hendrik Meisel, 29, festgelegt.
Beide arbeiten im Fairtrade-Bereich und saßen 2010 in der Wuppertaler Schwebebahn. Sightseeing, erzählt Meisel. An einer Station entdeckten sie einen Snackautomaten. Könnte man sowas nicht auch für faire Produkte …? Und wenn schon fair innen, warum dann nicht auch außen? Also kauften die beiden zwei gebrauchte, konventionelle Automaten und rüsteten sie zu komplett stromfreien um – ohne Kühlung, rein mechanisch, und installierten sie im Rathaus und im Jugendamt in Castrop-Rauxel. Über die Lokalpresse bekam "Sat 1" Wind von der Sache und machte einen kleinen Film. Meisel steht darin stolz neben dem Automaten, Ziel sei, den "fairen Handel an Orte tragen, wo er vorher vielleicht nicht war", sagt er in die Kamera. Das war vor sechs Jahren.
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Daniel Walter
am 11.10.2017Anarchie = Herrschaftslosigkeit und Gewaltfreiheit, Selbstbestimmung und Selbstorganisation. Oder wörtlich = Abwesenheit von Herrschaft.
Die Gleichsetzung von…