Eine Reise-Entwarnung vorab: Griechenland ist ein sicheres Land. Auch für Deutsche. Trotz Wolfgang Schäuble. Der Bundesfinanzminister gefiel sich in den vergangenen Wochen in der Rolle des Fürsten der Finsternis. Er erweckte den Anschein, dass er Griechenland ganz allein in die Knie zwingen will. "Wieder Provokationen von Schäuble", titelten die Zeitungen in Hellas. Bis zuletzt stellte sich der Mann stur und ging auf Konfrontationskurs zu Weltbank-Chefin Christine Lagarde. Die will Schuldenerleichterungen für das gebeutelte Land erreichen, Schäuble dagegen möchte vor derartigen Maßnahmen – wenn sie überhaupt je kommen sollten – Reformen sehen. Vielleicht haben theoretisch sogar beide recht, denn die Schuldenlast ist auf Dauer untragbar und der aufgeblähte Staatsapparat schreit nach einem radikalen Umbau, doch auf der Strecke dieser akademisch geführten Debatte bleiben im wirklichen Leben die Millionen Griechen, die mit immer weniger Geld in der Tasche ihr Dasein fristen müssen. Das Szenario ist heute schon absehbar: Operation gelungen, Patient tot.
Die große Flucht hat längst eingesetzt. Hunderttausende haben inzwischen die Heimat verlassen. In vielen Familien waren die Altersrenten der Eltern und Großeltern die einzige regelmäßige Einnahmequelle. Nach den massiven Rentenkürzungen der vergangenen Jahre reicht es nun nicht länger für mehrere Generationen. Das Land erlebt einen neuen Exodus und vergreist. In den Dörfern und Städten bleiben die Alten zurück. Viele jüngere Griechen suchen eine neue Existenz bei Verwandten in Kanada oder Australien, die meisten aber in Deutschland. In den griechischen Schulen wie in Stuttgart-Feuerbach wissen die Lehrer ein Lied zu singen von traurigen Kindern der frisch eingereisten Landsleute. Verloren in einem fremden Land: ohne Deutschkenntnisse, ohne ihre Freunde, ohne Hoffnung.
Einer der größten Krisengewinnler kommt nun ausgerechnet aus Deutschland. "Lohnt sich jeden Tag", wirbt Lidl allüberall – am meisten lohnt es sich offenbar für das Unternehmen selbst. Seit Ausbruch der Krise 2008 hat der Discounter zwischen der Metropole Thessaloniki im Norden und dem Peloponnes im Süden nach gut informierten Kreisen seinen Umsatz Jahr für Jahr im zweistelligen Prozentbereich gesteigert.
3 Kommentare verfügbar
Fridolin Hinterhuber
am 02.07.2017ein interessanter Artikel.Nur eines stört mich etwas:Frau Lagarde und ihre Weltbank haben inzwischen den Ruf des rettenden Engels für Griechenland.Allen,die dieser irrigen Meinung erliegen,sei ein Blick in die Zeitungen der vergangenen Jahre empfohlen,als die Rettungsaktionen für…