Whistleblower verdienen umfassenden und systematischen Schutz statt Verfolgung. Ihr großer gesellschaftlicher Nutzen ist offensichtlich, wenn man die Lux-Leaks-Enthüllungen, die Panama Papers, Edward Snowdens NSA-Dokumente oder die TTIP-Leaks in Erinnerung ruft. Wir Grünen haben daher bereits 2012 und nochmals 2014 ein Whistleblower-Schutzgesetz in den Deutschen Bundestag eingebracht, das die jeweilige Regierungskoalition abgelehnt hat. Darüber hinaus gilt es, das bestehende Vollzugsdefizit abzubauen: Das Verhalten des Bundesministeriums der Finanzen und der BaFin in den Fällen Berenberg Bank, Bundesdruckerei und Cum/Ex zeigt, dass Banken und Behörden Hinweisen auf illegale Aktivitäten oft nicht konsequent nachgehen.
Schließlich herrscht auch bei dem Thema der Steuergerechtigkeit in Europa weiterhin Handlungsbedarf. Über formal legale Arrangements gleich denen, die von Deltour in Luxemburg aufgedeckt worden sind, gelingt es Unternehmen wie Google, IKEA oder Starbucks, keine oder nur sehr geringe Steuern zu zahlen. Das verlagert die Steuerlast auf kleine und mittelständische Unternehmen sowie die europäischen Bürgerinnen und Bürger. Unternehmen, die keine aggressive Steuergestaltung betreiben, haben im Wettbewerb gegen die Multis das wirtschaftliche Nachsehen. Das gilt gerade für die Masse an kleinen und mittleren Unternehmen und schafft so eine ständige Tendenz zur Machtkonzentration in unserer Wirtschaft.
Die Politik muss die Tricksereien der großen Unternehmen unterbinden
Deshalb brauchen wir länderbezogene Berichtspflichten für große Unternehmen. Die Unternehmen müssen offenlegen, in welchen Ländern sie welche Geschäftstätigkeiten ausüben und Steuern in welcher Höhe zahlen. Dann würde transparent werden, wenn ein Konzern in Europa Geschäfte macht, aber seine steuerpflichtigen Gewinne in einen "Steuersumpf" verlagert, um keine oder nur unverhältnismäßig geringe Steuern zu zahlen. Dieses sogenannte Country-by-Country-Reporting muss öffentlich erfolgen, um wirksame gesellschaftliche Kontrolle zu gewährleisten.
Whistleblower wie Deltour und Halet, die persönlich viel riskiert haben im Interesse des Gemeinwohls, verdienen Respekt. Und deshalb brauchen Whistleblower einen besseren gesetzlichen Schutz. Trotzdem bleibt die Frage an die staatliche Seite und an die politisch Verantwortlichen: Warum braucht es, obwohl die Tricksereien der großen Unternehmen in Luxemburg seit Jahren bekannt waren, erst Whistleblower und eine große Medienwelle, damit es zu einer politischen Reaktion kommt? Von den Finanzministern in der Europäischen Union darf man erwarten, dass große gesellschaftliche Probleme auch adressiert werden, ohne dass Einzelne ihre berufliche Zukunft riskieren müssen.
6 Kommentare verfügbar
by-the-way
am 10.07.2016Wer soll die denn, in diesem System, schützen ?
Die machthabenden, sogenannten "Eliten" ?!!!
Die Forderung ist ein klassisches Paradoxum!